Eine neue Branchenanalyse der führenden Unternehmensberatung EY (früher Ernst & Young) sieht signifikante Probleme im einst gehypten Gamingmarkt. Denn der Corona-Boom brachte starkes Wachstum zu vielen Gaming-Unternehmen. Im Anschluss kam es zu einer Normalisierung. Nun berichten die Analysten von einem nur leicht wachsenden Umsatz in 2022, während die Gewinnmarge stark schrumpft. Während EY Deutschland als einen der größten Märkte der Welt identifiziert, haben heimische Unternehmen keinen Fuß in der Tür des lukrativen Markts.
Anleger tun sich dennoch gut daran, die aktuellen Kennzahlen der Gamingbranche nicht mit dem Corona-Boom zu vergleichen. Denn die Zeiten haben sich geändert. Die Rückkehr zu einem gewöhnlichen Wachstumsniveau war unausweichlich und dürfte sich auch zeitnah nicht ändern. So stuft den Status quo der zuständige Analyst ein:
„Die Pandemie hatte der Branche einen enormen Wachstumsschub beschert. Derartige Wachstumszahlen wird es aber vorerst nicht mehr geben, die Unternehmen in dieser zuletzt erfolgsverwöhnten Branche müssen sich also auf eine weniger dynamische Entwicklung und einen weiter steigenden Wettbewerbsdruck einstellen – zumal sinkende Margen ein Alarmsignal sind. Die Investoren werden von den Unternehmen verstärkte Profitabilitätsanstrengungen und Kostensenkungen verlangen.“
Umsatzwachstum schwächelt, Profitabilität leidet
Im Jahr 2022 konnten die Gaming-Unternehmen durchschnittlich ihre Umsätze um rund 5 % steigern. Die zweistelligen Wachstumsraten aus der Corona-Pandemie gehören der Vergangenheit an. Denn 2020 explodierten die Umsätze noch um über 25 %. Zugleich wirkte sich die fehlende Dynamik auch negativ auf die Profitabilität aus, sodass die Marge in 2022 auf 18,1 % sank (2020: 24,9 %).
Dennoch lässt sich bei einem Branchenvergleich Hoffnung schöpfen. Denn die Gamingbranche ist deutlich profitabler als andere Marktsegmente.
Die größten Unternehmen sind aktuell Tencent mit einem Umsatz von 41 Milliarden Euro, vor Sony (23,5 Milliarden Euro), Microsoft (14,8 Milliarden Euro) und Nintendo (12,1 Milliarden Euro). Deutsche Unternehmen landen übrigens nicht in dem Top-26-Ranking.
Konsolidierung der Gamingbranche: Kleine Spieleentwickler als begehrte Übernahmeziele
Eine Konsolidierung des Gamingmarkts durch Übernahmen bietet Vorteile und Chancen. Sie ermöglicht es den Unternehmen, Ressourcen zu bündeln, Synergien zu schaffen und Effizienzsteigerungen zu erzielen. Die Zusammenführung von Entwicklerstudios und Verlagen kann Innovationen fördern und die Entwicklung hochwertiger Spiele beschleunigen.
Eine weniger fragmentierte Industrie könnte auch die Marktdurchdringung erleichtern und eine breitere Zielgruppe ansprechen. Investoren könnten von einer gestärkten Marktpositionierung profitieren, während sich Spieler über ein breites Angebot an qualitativ hochwertigen Spielen freuen.
Der aktuelle Trend, der sich auch in der Übernahme von Activision Blizzard durch Microsoft widerspiegelt, dürfte somit allen Akteuren zugutekommen.
Microsoft and Activision Blizzard have extended the merger agreement deadline to 10/18. We're optimistic about getting this done, and excited about bringing more games to more players everywhere.
— Phil Spencer (@XboxP3) July 19, 2023
Die Top-26-Unternehmen haben nach Daten von EY im Jahr 2022 43 Zukäufe getätigt, deutlich mehr als vor der Pandemie in 2019 (16 Transaktionen).
Rückläufige Bewertungen trotz aussichtsreicher Perspektiven
Die führenden Gaming-Unternehmen (Top-26) knackten im Jahr 2020 einen Börsenwert einer Billion Euro. Diese stieg 2021 weiter, bevor es im Bärenmarkt 2022 die Korrektur gab. Damit lag die Marktkapitalisierung der Unternehmen um 29 % niedriger bei rund 789 Milliarden $ – immer noch leicht über dem Vor-Corona-Niveau. Dennoch stehen die Unternehmen heute an einem anderen Punkt. Die Perspektiven sind aussichtsreich und EY stuft die Gaming-Industrie als „sehr dynamisch und vielversprechend“ ein.
Insbesondere dem Gamingmarkt inhärente Entwicklungen machen Hoffnung auf eine positive Zukunft:
„Die Anbieter setzen zudem zunehmend auf Trends wie Abo-Modelle und In-App- bzw. In-Game-Käufe, die sie unabhängiger machen vom Verkauf einzelner Spiele. Zudem bietet der mobile Spielemarkt noch erhebliches Wachstumspotenzial – gerade was neue Käuferschichten angeht, die bislang unerreichbar waren.“