Der FTX-Crash verursachte eine massive Kapitalflucht aus dem digitalen Währungsmarkt. Neben den Crash des FTX Token und der Insolvenz der FTX Group führten die Gegebenheiten jedoch auch zu einem Umdenken. Denn der drastische Vertrauensverlust der Krypto-Anleger in zentrale Akteure bedingt die Notwendigkeit von Gegenmaßnahmen. Proof of Reserves wurden schnell als Mittel der Wahl auserkoren. Die verschiedenen Exchanges wollen nun Proof of Reserves bereitstellen, um die Deckung der bei ihnen gehaltenen Kundeneinlagen transparent darzulegen. In der letzten Woche veröffentlichte die größte US-Krypto-Börse Coinbase einen Blogartikel namens „How crypto companies can provide proof of reserves“. Chief Security Officer Philip Martin von Coinbase äußert sich darin dezidiert, welche Möglichkeiten und Chancen Proof of Reserves bieten.
Coinbase: Börsennotiertes Unternehmen unterliegt strengen Regularien
Grundsätzlich handelt es sich bei der zentralen Krypto-Börse Coinbase bereits um eine Ausnahme. Denn Coinbase wagte den ersten, viel beachteten Börsengang einer Krypto-Exchange. Infolgedessen unterliegt man der Aufsicht durch die SEC. Zugleich muss man die vorhandenen Reserven bereits mit geprüften Finanzberichten darlegen. Schließlich ist der Aktienmarkt streng reguliert, während dies für den digitalen Währungssektor (noch) nicht gilt.
Dennoch möchte Coinbase innovative Möglichkeiten erforschen, um einen Proof of Reserves zu ermöglichen. In diesem Zuge wurde ein Förderprogramm für Entwickler gelauncht, das 500.000 $ umfasst – hier sollen andere Akteure ermutigt werden, die Deckung der Kundeneinlagen transparent darzulegen. Verschiedene Möglichkeiten für die Proof of Reserves existieren nach Philip Martin aktuell, diesen sind verschiedene Vor- und Nachteile immanent.
We're excited to see how far we can go as an industry with on-chain accounting and are exploring new ways to prove reserves.
We're also announcing a $500k developer grant program to encourage others.https://t.co/ptzMDfwQCX
— Coinbase (@coinbase) November 25, 2022
FTX-Crash offenbart Notwendigkeit von Proof of Reserves
Millionen von Menschen haben ihr Geld der FTX Exchange und SBF anvertraut – zum Leidwesen ihres eigenen Vermögens, wenn man diesen Umstand retroperspektivisch betrachtet. Der Bank-Run führte zu signifikanten Liquiditätsproblemen, die letztendlich den Stop der Abhebungen bedingten. Dies trifft auch zunehmend andere Akteure. Derartige Paniken, die nicht immer von Tatsachen angetrieben werden (anders natürlich bei FTX), lassen sich demnach vermeiden, wenn man die Deckung der Kundeneinlagen nachweist. Denn welcher Krypto-Anleger sollte verzweifelt seine Coins transferieren wollen, wenn er um deren Sicherheit bei der CEX weiß? Der FTX-Crash und die gesamte Odyssee bis hin zur Insolvenz veranschaulichen somit par excellence, warum Proof of Reserves in Zukunft alternativlos sind.
Was ist der Proof of Reserves?
Der Proof of Reserves ist dann der Nachweis einer Plattform, um zu verifizieren, dass ausreichend Vermögenswerte im Besitz der Krypto-Börse sind, um die Einlagen der Kunden zu decken. Nutzer wissen dann, dass sie im Ernstfall ihr Vermögen zurückbekommen. Verschiedene Möglichkeiten existieren nach Coinbase heute – von traditionell bis hin zu fortschrittlich. Je nach Art des Proof of Reserves variiert auch die Sicherheit. Denn eins dürfen Kunden und Anleger nicht verwechseln – Proof of Reserves erhöhen die Sicherheit, 100 % Garantie gibt es dennoch nicht.
Coinbase geht traditionellen Weg: Regelmäßige Wirtschaftsprüfung obligatorisch
Als öffentliches Unternehmen werden die Finanzberichte quartalsweise von einem externen Wirtschaftsprüfer auditiert, jährlich geprüfte Jahresabschlüsse müssen der US-Börsenaufsicht SEC vorgelegt werden. Nach dem Zufallsprinzip wählen die Prüfer Cold-Storage-Adressen aus und lassen von Coinbase den Besitznachweis durchführen. Krypto-Vermögenswerte müssen zudem als Verbindlichkeiten in der Bilanz ausgewiesen werden.
Die unabhängigen externen Prüfungen sollen somit sicherstellen, dass Coinbase die Kryptos hält, die sie vorgeben, zu halten. Zugleich untersuchen die Prüfer natürlich auch die Funktionsweise der Wallets von Coinbase und identifizieren präventiv Probleme. Philip Martin bezeichnet dies als umfassende Prüfung in der heutigen Zeit:
„This is the most mature form of financial audit out there today, with a large number of public companies who have gone through it.“
Zweifelsfrei ist eine Prüfung immer besser als keine Prüfung. Vergessen sollte man jedoch nicht, dass beispielsweise auch die Jahresabschlüsse von Wirecard auditiert wurden.
Dezentrales System: Kryptografie ist die Zukunft von Proof of Reserves
Zugleich verweist Coinbase jedoch auf die Ideale, die der Krypto-Sektor verfolgt:
„That said, this is cryptocurrency. Our ideal is a distributed, trustless system. So how do we get from here to there? The entire cryptocurrency space is based on cryptographic verification.“
In Zukunft sollen kryptografische Verifizierungen den Proof of Reserves sicherstellen, sodass private Kunden die Deckung ihrer individuellen Einlagen selbst nachprüfen können. Dabei ist Coinbase gespannt und guter Dinge, wie die Krypto-Branche die On-Chain-Buchhaltung für PoRL einsetzen werden kann. Zwar könne eine Umsetzung nicht von heute auf morgen erfolgen. Dennoch sollten sich alle Krypto-Akteure gleichermaßen bemühen, sukzessive so viele Aktivitäten wie möglich on-chain abzuwickeln. Denn die Zukunft soll nach Coinbase, sicher, dezentral und transparent sein.
„For tomorrow we are working toward a decentralized system where you don’t have to trust us, or any institution. You only need to trust the math. Everything should be transparent, immutable, and verifiable to all.“