Der Kampf gegen den Klimawandel verlangt paradoxerweise nach einer verstärkten Integration von Technologie, entgegen dem verbreiteten Instinkt, eine Rückkehr zu traditionellen Methoden anzustreben. Fortschrittliche Technologien sind unerlässlich für die Entwicklung und Implementierung von Lösungen in Bereichen wie erneuerbare Energien, Energieeffizienz oder nachhaltige Landwirtschaft. Diese ermöglichen es uns, Emissionen zu reduzieren, Ressourcen effizienter zu nutzen und die Auswirkungen des Klimawandels besser zu verstehen und darauf zu reagieren. Ohne den Einsatz innovativer Technologien könnten die ambitionierten Ziele zur Bekämpfung des Klimawandels kaum erreicht werden, was mehr Technologieeinsatz, nicht weniger, erfordert.
Hier sehen die Experten von Morgan Stanley auch insbesondere den Siegeszug der Künstlichen Intelligenz als Chance für den Kampf gegen den Klimawandel. Oder ist der steigende Energiebedarf eher ein Problem?
Problem: Energieverbrauch durch KI wird steigen
Mit dem anhaltenden Anstieg der Nachfrage nach generativer KI, die zunehmend in Produkten und Dienstleistungen integriert wird, soll der Energiebedarfs deutlich ansteigen. Laut der Forschung von Morgan Stanley könnte sich der Energiebedarf generativer KI jährlich um 70 Prozent erhöhen. Bis 2027 könnte der Energieverbrauch generativer KI dem entsprechen, was Spanien im Jahr 2022 für die gesamte Energieversorgung benötigte. Diese enorme Nachfrage nach Energie könnte sich dann positiv auf Datenzentren und Energieanbieter auswirken. Obwohl der Markt generativer KI hinsichtlich ihrer Nachhaltigkeit skeptisch gegenübersteht, sehen die Analysten von Morgan Stanley in der Technologie ein erhebliches Potenzial, signifikante Beiträge zur Dekarbonisierung zu leisten.
Die Rechenzentren im Wandel
Die Expansion von Rechenzentren ist nach den Analysten stark von der Weiterentwicklung des Stromnetzes abhängig. Denn dies ist aktuell durch begrenzte Kapazitäten der Stromleitungen, Verzögerungen bei der Planung und Genehmigung neuer Übertragungs- und Verteilungsprojekte sowie Engpässe in der Lieferkette eingeschränkt. Dies bedeutet, dass Energieversorger erhebliche neue Kapazitäten in Erzeugung und Übertragung aufbauen müssen, um der steigenden Nachfrage gerecht zu werden. Denn die steigende Nachfrage nach KI bedingt ein erhöhtes Volumen an Rechenzentren.
Mehrere Bereiche des Energiesektors könnten von der Entwicklung generativer Künstlicher Intelligenz profitieren.
Regulierte Versorgungsunternehmen sind die einzigen, die die erforderliche massive Infrastruktur für die prognostizierte Expansion der Rechenzentren bereitstellen können. Großversorger könnten laut Morgan Stanley erhebliche Gewinne durch die gestiegene Nachfrage nach generativer KI erzielen.
Hersteller von Brennstoffzellen, die Basislaststrom für Rechenzentren liefern können, werden gefragt sein. Brennstoffzellen lassen sich leicht einsetzen, funktionieren mit hoher Kapazität und können die Unbeständigkeit der meisten erneuerbaren Energiequellen ausgleichen. Brennstoffzellen sind demnach entscheidend, wenn Rechenzentren ihren Energiebedarf mit erneuerbaren Energien decken wollen.
Kernkraftwerke bieten ferner eine einzigartige Möglichkeit, Rechenzentren vor Ort zu betreiben und eine konstante, unterbrechungsfreie Stromversorgung ohne externe Anbindungen zu gewährleisten. Dies könnte die Stromkosten von Rechenzentren senken.
Insoweit gibt es diverse Handlungsstränge, mit denen die Industrie schon jetzt der steigenden Nachfrage nach Datenzentren vorbeugen könnte.
Mehr Nachhaltigkeit durch KI?
Der steigende Energiebedarf generativer KI könnte zwar zunächst die globalen CO2-Emissionen erhöhen. Dennoch bietet die Technologie langfristig das Potenzial, das Gegenteil zu bewirken. Dies könnte durch Optimierung des Stromnetzes, intelligente Landwirtschaft, genauere Wettervorhersagen und die Verbesserung von Technologien zur Kohlenstoffabscheidung und -speicherung gelingen. Insoweit sind sich die Analysten von Morgan Stanley einig. Künstliche Intelligenz ist für den Kampf gegen den Klimawandel mehr Chance denn Risiko.
Die Betreiber von Rechenzentren haben sich zudem Ziele zur Dekarbonisierung und zur Erreichung einer Netto-Null-Emission gesetzt, in der Hoffnung, ihren Strombedarf durch erneuerbare Energien zu decken. Um zu bestimmen, welcher Anteil des zukünftigen Energieverbrauchs generativer KI aus nachhaltigen Quellen gedeckt werden kann, müssen jedoch zahlreiche Variablen berücksichtigt werden. Trotz dieser Komplexität sind sich die Analysten von Morgan Stanley sicher, dass der Energiebedarf generativer KI nicht nur nachhaltig gedeckt werden kann, sondern dass ihre enorme Nachfrage nach Energie auch die Entwicklung nachhaltiger Energietechnologien in verschiedenen Sektoren vorantreiben kann.
So sind die Analysten von Morgan Stanley optimistisch. KI könne langfristig nicht der Katalysator für mehr Energieverbrauch und Umweltverschmutzung sein, sondern die technologische Innovation biete Chancen.
„Wir gehen davon aus, dass ein großer Teil des zusätzlichen Energiebedarfs für KI aus kohlenstofffreien oder kohlenstoffarmen Technologien stammen wird. Der Anstieg des KI-bedingten Energiebedarfs könnte sich als unterschätzte Triebkraft für die Hersteller von großmaßstäblichen und dezentralen sauberen Energietechnologien und die Entwickler von Wind-, Solar-, Energiespeicher- und Brennstoffzellen erweisen.“