Dass in 2023 Europa und auch den USA eine Rezession droht, scheint unausweichlich. Aktuell stellt sich noch die Frage, wie stark die Konjunktur einbricht und ob es trotz aggressiver Straffung der Geldpolitik eine sanfte Landung in den USA geben kann. Ökonomen wenden sich bei ihren Prognosen jedoch nicht nur dem kommenden Jahr zu. Daniel Lacalle, Chef-Ökonom der Bank Tressis Gestion, sieht ein Jahrzehnt mit schwachem Wachstum. Denn die Volkswirtschaften kämpfen weltweit mit einer Vielzahl an exogenen Schocks, die das Wirtschaftswachstum 2022 weitgehend zum Erliegen brachten. Russlands Invasion in der Ukraine oder die Geldpolitik haben das Wirtschaftswachstum signifikant geschwächt.
Ende der Zero-Covid-Politik in China größter Treiber für 2023
Bereits am Dienstag kündigte China offiziell das Ende der Quarantäne für Einreisende im Reich der Mitte an. Die Zero-Covid-Politik ist zu Ende und wird trotz aufkeimender Corona-Infektionen nicht wieder zurückkehren. Eine vollständige Öffnung der chinesischen Wirtschaft könnte durch überdurchschnittliches Wachstum die Weltwirtschaft im kommenden Jahr retten. Nach Lacalle sei diese Entwicklung der positivste Faktor, den Anleger für die Märkte in 2023 erwarten können.
Asia markets mixed as investors look ahead to 2023 headwinds, Hong Kong stocks rise on China reopening https://t.co/t2O0up9oOc
— Daniel Lacalle (@dlacalle_IA) December 28, 2022
Die chinesische Wirtschaft wirkt sich nämlich grundlegend auf viele Regionen aus. Insbesondere Lateinamerika und Afrika stehen in enger Verbindung zu China, sodass das dortige Re-Opening auch die Wachstumsprognosen für diese Regionen bessern werde.
“Wir haben ein sehr düsteres Bild für die chinesische Wirtschaft gesehen, die nicht nur für das Wachstum der übrigen Welt, sondern insbesondere für Lateinamerika und auch für Afrika von wesentlicher Bedeutung ist”
Weltwirtschaft wächst nur noch langsam: 2,7 % in 2023 erwartet
Der Internationale Währungsfonds hat seine Wachstumsprognosen für das globale BIP bereits mehrfach nach unten angepasst. Von 6 % in 2021 soll sich das Wachstum auf 3,2 % in 2022 abschwächen. Den Tiefpunkt erwarte man im kommenden Jahr, wenn die Weltwirtschaft nur noch um 2,7 % wächst. Dabei sei das Wachstum auf dem schwächsten Niveau seit 2001, wenn man die globale Finanzkrise 2008 und die akute Corona-Pandemie nicht berücksichtige.
Die Inflation dürfte weltweit bei 8,8 % im laufenden Jahr liegen, fast eine Verdopplung des Vorjahresniveaus. 2023 solle die Inflation auf 6,5 % sinken und 2024 auf 4,1 % zurückgehen. Damit liege die Inflation dennoch über den Zielwerten vieler Banken, die weiter ihre Geldpolitik tendenziell straffen werden.
Kommt jetzt die verlorene Dekade?
Ein Horror-Szenario für die Märkte – das nächste Jahrzehnt bringt global kein Wachstum, wenn es nach Ökonom Daniel Lacalle geht. Dieser prognostiziert maximal ein Wachstum von 1 % pro Jahr für einzelne Volkswirtschaften. Dazu komme die hohe Inflation, die die Wirtschaft weiter belastet und Konjunkturmaßnahmen erschwert.
„Ich denke, dass wir uns wahrscheinlich auf ein Jahrzehnt mit sehr, sehr geringem Wachstum zubewegen werden, in dem die entwickelten Volkswirtschaften mit einem Wachstum von 1 % pro Jahr glücklich sein werden.“
Die Aussichten sind düster, dennoch verweist der Chef-Ökonom darauf, dass er keine globale Finanzkrise erwarte. Das Wachstum werde sich abschwächen. Die Märkte schätzen nun die Situation neu ein, in der es eben nicht zu einem lebhaften Wachstum kommt, sondern die Vermeidung von Risikofaktoren im Vordergrund steht.
Weniger kritisch sehen das andere Ökonomen und Marktstrategen. Berenberg-Chef Hendrik Riehmer kündigte erst vor drei Tagen an, dass seiner Meinung nach 2023 ein neuer Aktienzyklus starte, der Anlegern das nächste Jahrzehnt kräftige Gewinne beschert.
Der Privatbanker sieht mittelfristig kräftige Kursgewinne für Aktien. Für seine Bank würde er sich aber eigentlich noch einmal ein „operativ schwieriges Jahr“ 2023 wünschen. https://t.co/Kggf329YEM
— Handelsblatt (@handelsblatt) December 26, 2022