IPO

Eine neue Studie von Ernst & Young offenbart einen stark rückläufigen IPO-Markt in 2023. Global habe sich demnach das Emissionsvolumen im ersten Quartal 2023 mehr als halbiert. Konkret sei der IPO-Markt im Q1 2023 um 61 % auf 21,5 Milliarden $ eingebrochen, ein neues 3-Jahres-Tief. Auch die Zahl der Börsengänge sank um acht Prozent auf 299 Stück. In Deutschland habe es hierbei nur zwei Börsengänge gegeben, sodass der deutsche IPO-Markt auch 2023 stark unterrepräsentiert war. Dennoch stehen die Chancen gut, dass es im zweiten Halbjahr 2023 eine Trendwende gibt. Eine Wiederbelebung der lukrativen IPOs könnte bevorstehen, so die Analysten von EY.

Starker Einbruch bei IPOs: Technologie-Unternehmen führend

Unternehmen agieren aktuell weltweit vorsichtiger bei ihren Börsenplänen und warten auf bessere Marktbedingungen, um den IPO zu wagen Im Vergleich zum Vorjahr gab es deshalb im ersten Quartal 2022 acht Prozent weniger Börsengänge. Dabei schrumpfte das Emissionsvolumen um 61 Prozent. Nur die USA verzeichneten ein leichtes Wachstum bei den IPO-Aktivitäten. Denn hier gab es 31 Börsengänge. Bei einem Blick auf das Volumen zeichnet sich ebenfalls eine rückläufige Entwicklung ab. Denn im Q1 2023 gab es nur einen Börsengang mit einem Emissionsvolumen von über einer Milliarde US-Dollar (2022 waren es noch 7).

Obwohl nur 18 von 299 Börsengängen dem Energiesektor zuzuordnen waren, entfiel mehr als ein Viertel des Emissionsvolumens auf diesen Sektor. Von den zehn größten Börsengängen im Betrachtungszeitraum gab es vier Energieunternehmen. Das Technologie- und Industriesegment war ebenfalls vergleichsweise aktiv, gefolgt vom Rohstoffsektor. Die größten Börsengänge waren die Erstnotiz der Gassparte von Adnoc, einem Energie-Unternehmen aus den VAE, sowie die IPOs von Nextracker und Hunan Yuneng New Energy Battery Material.

Übrigens gab es in Deutschland nur zwei Erstnotizen in diesem Zeitraum – der Internetdienstanbieter Ionos und der Private-Equity-Investor Neon Equity AG.

Der Leiter des IPO-Bereichs bei EY Martin Steinbach äußerte sich wie folgt:

„Wir sehen eine derzeit große Zurückhaltung aufseiten der Börsenkandidaten – gerade Großunternehmen warten auf bessere Rahmenbedingungen. Viele Unternehmen verharrten im ersten Quartal in der Warteposition, obwohl die Lage mit einer niedrigen Volatilität und einem relativ hohen Kursniveau zumindest bis Mitte März nicht schlecht war. Mit den jüngsten Turbulenzen im Bankensektor hat sich das Umfeld allerdings wieder eingetrübt – ablesbar an einer zwischenzeitlich stark gestiegenen Volatilität und Kursrückgängen an den Börsen.“

IPO-Markt mit Aufschwung im zweiten Halbjahr

Dennoch sehen die Verantwortlichen von Ernst & Young auch eine potenzielle Trendwende im zweiten Halbjahr 2023. Denn zunehmend könnten die Belastungsfaktoren schwinden und IPOs wieder interessanter machen. Insbesondere eine stärkere Konjunktur in China und die zunehmend günstigen Bewertungen machen das IPO-Umfeld zunehmend attraktiver. Bereits in der zweiten Jahreshälfte könnten sich demnach die Rahmenbedingungen für Unternehmen wieder bessern, die den Gang an die Börse wagen wollen.

„Die chinesische Wirtschaft fasst nach der Pandemie wieder Tritt, und die US-Konjunktur entwickelt sich recht stark, wovon auch europäische Unternehmen profitieren werden. Damit könnten sich die Rahmenbedingungen für IPO-Kandidaten in den kommenden Monaten verbessern, vor allem in der zweiten Jahreshälfte“,

Dennoch dürften der Ukraine-Krieg und die aggressive Straffungspolitik der Notenbanken weiterhin Belastungsfaktoren für die IPO-Kandidaten sein. Unternehmen nutzen aktuell vermehrt die Situation, um sich für den IPO vorzubereiten – sofern das Marktumfeld wieder günstiger wird, könnte dann alles ganz schnell gehen. Vornehmlich Themen wie digitale Transformation, Technologie und New Energy könnten hier überproportional viele IPO-Kandidaten hervorbringen.

SPAC-Boom vorerst vorbei: Kaum geeignete Kandidaten

Der vielbeachtete SPAC-Boom scheint demnach vorbei. Denn im ersten Quartal 2023 wurden nur 16 SPACs neu emittiert, was ein Minus von 92 % beim Emissionswert bedeutet. Denn diese generierten nur ein Volumen von 0,9 Milliarden $. Der Druck bei börsennotierten SPACs ist evident. Die Suche nach geeigneten Unternehmen bleibt schwierig.

Ein SPAC (oder eine Special Purpose Acquisition Company) ist ein börsennotiertes Unternehmen, das als Gründungszweck Kapital sammeln soll, ohne dabei direkt in ein Geschäft zu investieren. Stattdessen sucht das SPAC nach einem Unternehmen, das durch einen Kauf oder eine Fusion erworben werden kann. Unternehmen bevorzugen teilweise SPACs gegenüber einem IPO, da der Prozess weniger zeitaufwendig und kostspielig ist und eine höhere Flexibilität bei der Preisgestaltung und den Bedingungen aufweist. Darüber hinaus können Unternehmen durch den Zusammenschluss mit einem SPAC eine schnellere Börsennotierung erreichen, der IPO gilt als zeitaufwändiger.

„Viele SPAC-Investoren forderten ihre Einlagen zurück, sodass oft weniger Geld als geplant für Fusionen mit operativ tätigen Unternehmen zur Verfügung steht. Zudem drückt die oft schlechte Aktienperformance von SPAC-Zusammenschlüssen auf das Investorensentiment.“

Welche IPOs kommen 2023?

Unternehmen ziehen einen Börsengang in Betracht, um ihr Eigenkapital zu erhöhen und ihre Wachstumsziele zu finanzieren. Darüber hinaus kann ein Börsengang auch das Image des Unternehmens verbessern und dazu beitragen, potenzielle Investoren anzuziehen. Schließlich wird der Börsengang häufig als Schritt in die nächste Unternehmensphase verstanden – ein Start-up wird erwachsen. Dennoch bringt ein IPO auch hohe Kosten und strenge Regulierungsanforderungen mit sich. Dies führt dazu, dass Unternehmen gerade im schwierigen Marktumfeld die Sinnhaftigkeit eines sofortigen IPOs sorgfältig evaluieren und tendenziell eine Verschiebung präferieren. Das Marktumfeld bleibt schwierig.

Nichtsdestotrotz werden einige Unternehmen häufig angeführt, wenn es um bevorstehende IPOs in 2023 geht. Hier könnte beispielsweise der britische Halbleiterhersteller Arm den IPO wagen. Nachdem im vergangenen Jahr die angepeilte Übernahme durch NVIDIA gescheitert war, haben die Verantwortlichen einen eigenen Börsengang als Mittel der Wahl auserkoren. Doch auch die Social-Media-Plattform Discord scheint guter Dinge, noch in 2023 den IPO zu vollziehen.