Insolvenzen

Das Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) bündelt verschiedene Forschungsansätze rund um die Insolvenzentwicklung in Deutschland. Die Zahl der Insolvenzen ist nach IWH-Daten im Dezember 2022 weiterhin angestiegen und erreichte einen Jahreshöchststand. Dennoch war das Jahr 2022 eher von niedrigen Insolvenzzahlen geprägt, trotz makroökonomischer Unsicherheit. Rezessive Tendenzen in der Wirtschaft und die hohe Inflation schüren Ängste, dass es in Deutschland 2023 zu einem Unternehmenssterben kommt – auch nachgelagert noch betroffen von den Auswirkungen der Corona-Pandemie.

Zahl der Insolvenzen steigt auf 879: Höchster Wert in 2022 & 23 % Anstieg

Nach den Daten des IWH-Insolvenztrends, die meist fundiert vor der Veröffentlichung der staatlichen Statistiken zur Verfügung gestellt werden, lag die Anzahl der Insolvenzen bei Personen- und Kapitalgesellschaften in Deutschland im Dezember 2022 bei 879, was einen Anstieg von 23 % zum Vorjahresniveau bedeutet. Dennoch bleibe die Anzahl unter dem langjährigen Mittelwert. Insbesondere gab es im Vergleich zu 2020 sogar einen leichten Rückgang.

Im Durchschnitt der Jahre 2015 bis 2019 gab es jährlich im Dezember 968 Insolvenzen im Bereich der Personen- und Kapitalgesellschaften. In den größten 10 % der Unternehmen waren demnach rund 9000 Arbeitsplätze betroffen, was ebenfalls gemeinsam mit dem November deutlich über den Zahlen des gesamten Jahres liegt.

Insolvenzen in Deutschland

 

Insolvenzen auf „vergleichsweise niedrigem Niveau“

Leiter der IWH-Abteilung Strukturwandel und Produktivität Steffen Müller äußerte sich rückblickend verhalten optimistisch:

„Sowohl die Zahl der insolventen Personen- und Kapitalgesellschaften als auch der in diesen Unternehmen betroffenen Jobs lagen im Jahr 2022 auf vergleichsweise niedrigem Niveau“

Zwar gab es somit im Dezember 2022 einen deutlichen Anstieg. Dennoch sei das jahrelange Mittel gerade erreicht. Die Anzahl der Insolvenzen spiegelt noch nicht die Bedenken wider, die in der Wirtschaft bestehen. Erst gestern berichteten wir über die Sorgen der Selbstständigen, die nach dem ifo-Geschäftsklimaindex wieder mehr Zuversicht verspüren, existenzielle Ängste jedoch omnipräsent sind.

Insolvenzen in Deutschland: Industrie besonders stark betroffen

Besonders dramatisch betroffen war in 2022 die Industrie. Denn 28 % der betroffenen Jobs im Jahr 2022 entfielen auf die Industrie, was deutlich über den Vorjahreswerten liegt. Die makroökonomische Situation ist für die Industrie besonders belastend. Hinzu kommen spezifische Probleme wie die globalen Lieferengpässe und hohe Energiepreise.

Der Ausblick auf das Jahr 2023 bleibt in der deutschen Industrie verhalten. Im November konnte die Industrie im Vergleich zum Vormonat nur 0,2 % mehr produzieren. Allerdings gehen viele Unternehmen in ihren Prognosen von rückläufigen Geschäften aus. Die leichte Stabilisierung bei der Industrieproduktion könnte somit nur temporär sein. Im ersten Quartal 2023 könnte die Konjunktur in der Industrie schwach verlaufen, indiziert durch eher schwache Auftragseingangszahlen und den rezessiven Tendenzen in der Globalökonomie.

Nach einer Umfrage des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) rechnen fast 40 % der Unternehmen mit einem rückläufigen Geschäft in 2023, während ein weiteres Drittel von einer Stagnation ausgeht.

Die anfänglich schockierenden Erwartungen bestätigen sich bis dato jedoch nicht. Noch scheint eine milde verlaufende Rezession in Deutschland möglich.

Moderater Verlauf in den nächsten Monat erwartet

Das IWH verweist nicht nur auf den bis dato milden Verlauf im Jahr 2022. Zugleich geht man auch für die kommenden Monate von einer ähnlichen Entwicklung aus, sodass die Insolvenzzahlen bis in das Frühjahr 2023 auf dem Dezember-Niveau verharren sollten. Allerdings könnte es typische Anstiege der Insolvenzzahlen im Frühjahr geben, obgleich diese nicht über das langjährige Mittel nach IWH-Prognosen hinaus ansteigen dürften.