Das Office for National Statistics aus Großbritannien meldet neue Inflationszahlen und schockt damit britische Anleger. Nach anfänglichen Kursgewinnen kehrten die Bären in den FTSE 100 Index zurück und drückten den britischen Leitindex ins Minus. Während Analysten im Vorfeld mit einer Teuerungsrate von 10,7 % rechneten (im September lag diese bei 10,1 %) meldete das ONS nun eine Inflation von 11,1 % – ein 41-Jahres-Hoch. Während die Inflation in den USA bereits rückläufig ist, erwarten Ökonomen für United Kingdom weiter ansteigende Inflationsraten, die nach dem British Chamber of Commerce’s im vierten Quartal 2022 sogar noch auf 14 % steigen könnten.
Premierminister Rishi Sunak mit großer Herausforderung konfrontiert
Die jüngsten Inflationszahlen offenbaren die Schwierigkeiten für die britische Ökonomie. Der neue Premierminister Rishi Sunak, der auf Liz Truss folgte, sieht sich mit einer Herausforderung konfrontiert, wie es sie zuletzt vor rund 40 Jahren gab. Die Preise für Güter und Dienstleistungen steigen in Großbritannien explosiv an. Eine Abkühlung der Inflation lässt sich noch nicht erkennen.
Besonders gravierend wirkt sich dies auf die britischen Haushalte aus. In einer Stellungnahme rechnete der ONS vor, dass Haushalte im Durchschnitt für Elektrizität und Gas 88,9 % mehr als im Vorjahr zahlen. Hier offenbaren sich zugleich die Inflationstreiber.
“Domestic gas prices have seen the largest increase, with prices in October 2022 being more than double the price a year earlier.”
Inflation explodiert weiter: 2 % Steigerung auf Monatsbasis
Nach den Daten des ONS stieg die Inflation von September zu Oktober um 2 %. Damit lag die Inflation in nur einem Monat höher als im gesamten Jahr bis zum Juli 2021. Die signifikante Erhöhung der Lebenshaltungskosten wurde durch die Gas- und Energiepreise verursacht, obgleich die Regierung eine Preisgarantie etablierte, die die Energiekosten für einen typischen Haushalt bei 2,500 Britische Pfund deckelt. Die Inflation bei den Lebensmitteln lag ebenfalls bei 16,4 %.
Wie reagiert die Bank of England?
Während sich augenscheinlich die Bemühungen der Fed im Kampf gegen die US-amerikanische Inflation bereits auszahlen, sieht dies in Großbritannien anders aus. Die Bank of England ließ erst kürzlich verlauten, dass ihrer Ansicht nach eine moderate Zinserhöhung genüge, um die Teuerung in den Griff zu bekommen. Die weiterhin explodierenden Inflationsraten indizieren, Stand jetzt, das Gegenteil. Sofern sich die Inflation manifestiert, würde der Kampf gegen die Inflation ungleich schwieriger werden.
Mike Bell, Markt-Analyst von JP Morgan Asset Management, äußerte sich dazu wie folgt:
“We are not so convinced. What has been underestimated consistently has been the inflationary pressures stemming from the tight labour market,”
Zugleich erwartet die Bank of England eine Rezession in der ersten Jahreshälfte 2023 und geht auch deshalb eher zögerlich mit Zinserhöhungen vor.
Inflation als Treiber für soziale Ungerechtigkeit
Zugleich offenbaren die jüngsten Statistiken des ONS auch explosiven Charakter für die britische Gesellschaft. Denn die Inflationslücke zwischen den „High-Income“ und „Low-Income“-Haushalten steigt weiter an und erreicht damit ein neues Hoch seit dem März 2009 – unmittelbar nach der globalen Finanzkrise. Während die CPIH jährliche Inflation für Haushalte mit niedrigem Einkommen bei 10,5 % taxiert, wirkt sich diese nur mit 9,1 % für Haushalte mit hohem Einkommen aus.
The inflation gap between high- and low-income households is the largest since March 2009.
CPIH annual inflation was 10.5% for low-income households and 9.1% for high-income households in the year to October 2022 – a gap of 1.4 percentage points.
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— Office for National Statistics (ONS) (@ONS) November 16, 2022