Die jüngsten Inflationsdaten sind ein Schock. Im September stiegen die Verbraucherpreise in Deutschland um 10 % – ein Ende nicht in Sicht. Vielmehr erwarten Ökonomen Inflationsdaten von rund 12 %. Die Teuerung hat sich verselbstständigt und bringt die deutsche Volkswirtschaft ins Wanken. Ernüchternde Prognosen für die mittelfristige Zukunft schockieren die Anleger.
Inflationsrate steigt auf 10 %: höchste Teuerung seit 1951
Im August betrug die Inflationsrate in Deutschland noch 7,9 %. Ein zweifelsfrei hoher Wert, der rückblickend den Menschen wohl dennoch erträglicher erscheint. Nachdem der Tankrabatt und das Neun-Euro-Ticket die Inflationsrate kurzfristig gedämpft hatten, gab es einen deutlichen Anstieg der Inflation. Diese Entwicklung setzte sich nun fort. Das Statistische Bundesamt gab nun die vorläufige Prognose für die Inflation im September bekannt. Die Teuerungsrate stieg beim Verbraucherpreisindex auf 10 %. Beim harmonisierten Verbraucherpreisindex sieht die zuständige Behörde sogar einen Anstieg von 10,9 %. Eine derartige Teuerung gab es schon seit über 70 Jahren nicht mehr.
OUCH! German #inflation hits double digits for 1st time since WWII. Sep CPI accelerates to 10% from 7.9% in August. pic.twitter.com/bDmR2PQnNT
— Holger Zschaepitz (@Schuldensuehner) September 29, 2022
Energie & Lebensmittel als Preistreiber
Erneut waren es die altbekannten Inflationstreiber. Denn Energie und Lebensmittel verteuerten sich weit überdurchschnittlich im laufenden Monat. Die Energiepreise stiegen um 43,9 %, während es bei Nahrungsmitteln eine jährliche Veränderung von 18,7 % gab. Demgegenüber stiegen die Wohnungsmieten durchschnittlich nur um 1,7 % an und damit sogar weniger als im Vormonat. Während beim Wohnraum die Inflation noch nicht durchschlägt und sich diese im Rahmen der angepeilten Zielrate von 2 % bewegt, spüren die Verbraucher den drastischen Anstieg bei Lebensmitteln und Energie deutlich.
Energiepreisbremse in Deutschland: mehr Gefahr denn Lösung?
Nun einigte sich die Koalition in Deutschland auf die Energiepreisbremse oder auch Gaspreisbremse, um die Auswirkungen der steigenden Preise auf die Verbraucher zu mindern. Dennoch sehen Ökonomen dieses Instrument mitunter auch skeptisch. Beispielsweise äußerte sich Stefan Kooths vom IfW dergestalt, dass massive Investitionen erforderlich seien und die Gaspreisbremse wenig konzentriert wirke. Dies birgt die Gefahr, dass die Preise weiter steigen, was wiederum die ärmeren Haushalte überproportional belasten würde. Vielmehr bräuchte man gezielte Maßnahmen für die ärmeren Haushalte – ein harter Weg, der jedoch deutlich mehr Hoffnung für die Konjunktur versprühe.
Aktuell agiert die Politik mit dem sozialistischen Gießkannenprinzip – dies könnte die Inflation weiter antreiben. Denn die Teuerung fiel bereits im September stärker als von Experten erwartet aus. Dennoch sei der Höhepunkt der Inflation wohl noch nicht erreicht. Vielmehr erwarten Experten zunehmend eine Inflation von über 12 % in den nächsten Monaten.
Schockierende Prognosen: Deutschlands Wirtschaft schrumpft
Ökonomen sehen bei einem Gasmangel in Deutschland das hohe Risiko einer Rezession, die in ihrem Ausmaß für Deutschland beispiellos wäre. Die deutsche Volkswirtschaft könnte um 7,9 % in 2023 schrumpfen, wenn der Winter kalt wird und die Verbraucher nicht ausreichend Energie einsparen. Allerdings dürfte eine Notlage bei hohem Füllstand der Gasspeicher verhindert werden. Nichtsdestotrotz erwarte man auch im Basis-Szenario einen Rückgang des BIP um 0,4 % in 2023. Wachstum dürfte es in Deutschland erst wieder 2024 geben.
Die hohen #Gaspreise führen zu einem "Wohlstandsverlust" in Deutschland, warnen die führenden Wirtschaftsforschungsinstitute. Sie rechnen mit einer beispiellosen Rezession und einer Rekordinflation. pic.twitter.com/wg0Evq45oF
— ZDFheute (@ZDFheute) September 29, 2022
Für weiteren Pessimismus sorgt die schwindende Kaufkraft der Verbraucher. Zuletzt kam eine Umfrage des Handelsverbandes Deutschland (HDE) zum Ergebnis, dass sich bereits 60 % der Verbraucher drastisch beim Einkaufen einschränken. In den kommenden Monaten dürften sich sogar drei Viertel der Menschen in Deutschland einschränken.
EZB agiert zögerlich: Euro wird immer schwächer
Problematisch scheint zugleich das Vorgehen der Europäischen Zentralbank. Denn die Zinswende wurde erst spät eingeleitet. Während die Fed in den USA den Leitzins schon stark erhöht hat (und vielleicht sogar über das Ziel hinausschießt), wählt die EZB das andere Extrem. Allerdings könnte die nächste Zinsanhebung mit 0,75 % wieder heftig ausfallen. Die hohe Inflation bleibt ein starkes Argument für einen drastischen Zinsschritt um 75 Basispunkte.