Die Welt schaut heute in die Vereinigten Staaten von Amerika, in denen der neue Verbraucherpreisindex für den Monat September veröffentlicht wird. Zugleich gab es jedoch heute eine Pressemeldung des Statistischen Bundesamts in Deutschland, das die Inflationsrate für den Monat September auf 10 % taxiert. Im Vergleich zum August ist die Teuerungsrate von 7,9 % auf 10 % gesprungen.
Nunmehr verweilt die Inflation bereits seit sieben Monaten oberhalb von 7 %. Die neuen Werte sind ein Rekordwert für das vereinigte Deutschland. Zugleich gibt es Daten von einer schwindenden Sparkraft und schrumpfenden Mittelschicht. Als ob dies noch nicht genug wäre, ist die Herbstprognose der Bundesregierung düster und geht 2023 von einer Rezession und weiterhin hohen Inflation aus.
Inflationsrate explodiert auf 10 %: Ende der Entlastungen verstärkt Dynamik
Die Inflationsrate in Deutschland, orientiert am VPI, lag im September nach den Daten des Statistischen Bundesamts bei 10 %. Damit gab es einen sprunghaften Anstieg vom August. Zugleich handelt es sich um einen neuen Höhepunkt im vereinigten Deutschland. Übrigens gab es eine Inflationsrate von über 10 % das letzte Mal in den 1950er Jahren – der Nachkriegszeit.
Der Präsident des Statistischen Bundesamts sieht verschiedene Ursachen für die signifikante Steigerung der Teuerungsrate.
„Hauptursachen für die hohe Inflation sind nach wie vor enorme Preiserhöhungen bei den Energieprodukten. Aber wir beobachten zunehmend auch Preisanstiege bei vielen anderen Gütern, besonders bei den Nahrungsmitteln. Zudem haben das Auslaufen von 9-Euro-Ticket und Tankrabatt den Preisauftrieb im September 2022 verstärkt. Diese zeitlich begrenzten Maßnahmen des zweiten Entlastungspakets hatten sich von Juni bis August 2022 dämpfend auf die Gesamtteuerung ausgewirkt.“
Ergo sei ein Ende der staatlichen Entlastungen Treiber für die Inflation. Das 9-Euro-Ticket lief aus, kurz danach erhöhte auch die Deutsche Bahn spürbar ihre Preise. Zugleich hat ein Ende des Tankrabatts die Inflation befeuert.
Energie & Lebensmittel bleiben die Inflationstreiber
Erneut stellt sich die Preisentwicklung denkbar unterschiedlich dar. Die Energieprodukte stiegen innerhalb eines Jahres um 43,9 % – im August waren es noch 35,6 %. Während die Preise für Heizöl und Erdgas jeweils um rund 100 % stiegen, waren es beim Strom 21 %. Die Teuerung der Kraftstoffe beläuft sich mittlerweile auf 30,5 % für den Monat September.
Maßgeblich sind auch die Lebensmittel. Denn Nahrungsmittel wurden im September durchschnittlich um 18,7 % teurer.
Ohne Energie und Nahrungsmittel würde sich die Inflation auf 4,6 % belaufen – weniger als die Hälfte der realen Gesamtinflation.
Neue YouGov-Umfrage: Immer weniger Deutsche können sparen
Die Rekord-Inflation reduziert die Sparquote der deutschen Bevölkerung signifikant. Eine neue YouGov-Umfrage, durchgeführt für die Postbank, kommt zum Ergebnis, dass fast ein Viertel der Menschen das Sparen vollständig eingestellt hat. Mehr als jeder Zehnte kämpft dabei mit höheren Ausgaben, als Einnahmen verfügbar sind. Dabei sind beileibe nicht nur Geringverdiener betroffen. Insbesondere auch Menschen mit mittlerem Einkommen haben weniger Mittel, die sie dauerhaft investieren können.
Inflation frisst die Löhne auf: Der Abstieg aus der Mittelschicht droht
Die schrumpfende Mittelschicht ist in Deutschland ein intakter Trend. Der Anteil der mittleren Einkommensgruppe sank von 1995 bis 2018 bereits von 74 auf 67 %. Zwar sei die Mittelschicht weiterhin breit und stabil, so die Leiterin des Referats für Verteilungspolitik vom WSI. Allerdings schwindet insbesondere das untere Ende. Die Menschen gehen nicht mehr davon aus, mit einer Berufsausbildung ein sicheres Einkommen zu generieren, das möglicherweise irgendwann für ein Eigenheim reicht.
Für junge Menschen werde es demnach immer schwieriger, sich einen Platz in der Mittelschicht zu sichern. Die steigenden Energiepreise & die hohe Inflation fressen zunehmend die Löhne auf. Dies sorgt nicht nur für eine temporär sinkende Sparquote, sondern teilweise eben einen Abstieg aus der Mittelschicht. Diese wird nach dem IW (Institut der deutschen Wirtschaft) übrigens am Einkommen festgemacht – für 2019 bei Singles zwischen 1700 bis 3100 Euro und Paaren mit zwei Kindern 3540 bis 6640 Euro Nettoeinkommen.
IWF senkt Prognosen: Deutschland Schlusslicht unter Industriestaaten, Herbstprognose düster
Zuletzt senkte der IWF die Wirtschaftsprognose für die Weltwirtschaft. Dabei traf es Deutschland besonders hart und ist nunmehr Schlusslicht unter den Industriestaaten. Kritisch sieht auch die Bundesregierung in der Herbstprognose die Zukunft. Die Konjunkturprognose wurde gesenkt, ein erheblicher Wirtschaftseinbruch werde erwartet. Im laufenden Jahr solle die Wirtschaftsleistung noch um 1,4 % steigen, bevor diese im nächsten Jahr sogar in einer Rezession um 0,4 % schrumpft. Erst 2024 soll es wieder ein deutliches Wachstum von über 2 % geben.
Auf die #IWF-Wachstumsprognose für 2023 schauen wir mit großer Aufmerksamkeit. Klar ist: Deutschland kann nicht damit zufrieden sein, dass wir unter den Industrienationen die schwächste wirtschaftliche Entwicklung haben. Wir haben große Hausaufgaben aus Washington mitzunehmen.
— Christian Lindner (@c_lindner) October 12, 2022