Indien

Der indische Notenbankchef Shaktikanta Das warnt vor der realen Gefahr einer nächsten Finanzkrise, die durch einen wachsenden Kryptomarkt ausgelöst werde. Sollten private Kryptowährungen weiterhin überdurchschnittlich stark wachsen, könnte dies mangels zugrundeliegender Basiswerte und Substanz einen Finanzcrash bedingen. Seine drastische Forderung: Spekulative Kryptowährungen müssten verboten werden. Dabei sollte man den Hintergrund des Feldzugs gegen private Kryptos keineswegs ignorieren. Denn die indische Notenbank möchte eine eigene CBDC der Rupie einführen. Möchte man mit der massiven Kritik an Bitcoin und Co. vielleicht die eigene Zentralbankwährung attraktiver positionieren?

Kryptowährungen mit beträchtlichen Risiken für makroökonomische Stabilität

Die Kritik der indischen Zentralbank ist aggressiv. Denn Kryptowährungen könnten demnach gravierende Folgen für die makroökonomische und finanzielle Stabilität von Staaten haben. Spekulative Coins, die keinerlei zugrundeliegenden Basiswert haben, müsse man deshalb verbieten, um Spekulationsblasen zu verhindern, die bei Platzen auch andere makroökonomische Bereiche massiv beeinträchtigen würden. Bei weiterem Wachstum würde die nächste Finanzkrise von den privaten Coins ausgehen. Selbst eine Regulierung wäre demnach nicht ausreichend, um die Risiken signifikant zu mindern.

Digitale Rupie soll kommen: Pilotprogramm für indische CBDC bereits gestartet

Man könnte meinen, dass der FTX-Crash die indische Notenbank zu einer Reaktion zwang. Doch um Verbraucher- und Anlegerschutz dürfte es bei den jüngsten Äußerungen nicht gehen. Vielmehr kommt die Kritik zu einem interessanten Zeitpunkt. Denn die Pläne der indischen Zentralbank für eine eigene CBDC (digitale Zentralbankwährung) sind bereits weit fortgeschritten. Die digitale Rupie wird aktuell mit einem Pilotprogramm im Einzelhandel in ausgewählten Städten getestet. Mit der eigenen CBDC möchte man Geldtransfers beschleunigen, Kosten reduzieren und wird wohl auch die Überwachung erhöhen.

Können Verbote der indischen CBDC helfen? Nigeria beweist das Gegenteil

Die Intention der indischen Zentralbank scheint klar. Mit ihrem Feldzug gegen den Bitcoin und andere private Coins möchte man die eigene CBDC stärken und als einzige Option für einen digitalisierten (aber auch überwachten) Zahlungsverkehr etablieren. Dennoch dürfte dieses Anliegen nicht von Erfolg gekrönt sein.

Dies zeigt ein Blick nach Nigeria. Denn im bevölkerungsreichsten Land Afrikas führte die Zentralbank ebenfalls eine CBDC ein – die eNaira. Zugleich verbot man vor rund eineinhalb Jahren Transaktionen für andere Kryptowährungen. Das Ergebnis: die Akzeptanz für die CBDC eNaira liegt bei rund 0,5 %, während 10 % der nigerianischen Bevölkerung Bitcoin besitzt. Verbote halten den Bitcoin augenscheinlich nicht auf, dies wird wohl auch die indische Zentralbank lernen müssen. Denn mittlerweile ruderte die nigerianische Politik zurück und möchte Kryptos 2023 vollumfänglich legalisieren.

Wirtschaftscrash durch Krypto-Winter? Aktuell eher unwahrscheinlich!

Zugleich scheint das von der indischen Notenbank gezeichnete Horror-Szenario diffus. Denn bei einer aktuellen Marktkapitalisierung von rund 800 Milliarden $ für den gesamten Kryptomarkt dürften die Auswirkungen auf die gesamte Makroökonomie überschaubar bleiben. Allein Apple hat einen höheren Wert als alle Kryptowährungen zusammen.

Wenn die Makroökonomie und zentralen Finanzen einen Krypto-Crash nicht aushalten, wie es die indische Notenbank vorhersagt – wie ist es dann um die Wirtschaft und Finanzstabilität bereits heute bestellt? Sollten die gezeichneten Gefahren wirklich so real sein, wäre dies kein Argument gegen Kryptowährungen, sondern gerade ein Beweis für die Notwendigkeit dezentraler Lösungen wie den Bitcoin, um sich gegen zentrales Versagen abzusichern.