Sanfte Landung der Wirtschaft oder harte Rezession – darüber streiten sich vielerorts die Ökonomen. Während in den USA zumindest eine realistische Wahrscheinlichkeit besteht, dass die US-Ökonomie mit einem blauen Auge davonkommt, sieht es anderswo schlechter aus. Ökonomen prognostizieren jetzt für die britische Wirtschaft eine harte und lange Rezession. Demnach belasten die hohen Energiepreise die Wirtschaft Großbritanniens. Insbesondere die industrielle Produktion und die Gastronomie sind die Leittragenden.
Verband der britischen Industrie senkt Prognose für 2023: deutlicher Rückgang des BIP
Der CBI, seines Zeichens der Verband der britischen Industrie, senkt für das kommende Jahr seine Prognose hinsichtlich der ökonomischen Entwicklung in Großbritannien. Nachdem man eigentlich noch einen leichten Zuwachs beim Bruttoinlandsprodukt vorhergesagt hatte, soll dieses nun um rund 0,4 % schrumpfen. Dabei werde die Rezession wohl das gesamte kommende Kalenderjahr andauern. Der wirtschaftliche Abschwung könnte härter als gedacht ausfallen.
Inflation dämpft Wirtschaftswachstum: Energiepreise belasten stark
Die primäre Ursache für die Rezession sei die hohe Inflation. Denn im Oktober erreichte diese einen vorläufigen Höhepunkt bei 11,1 %. Bis zu einer Rückkehr zur angepeilten Zielrate von 2 % scheint es ein langer Weg. Infolgedessen dürfte der Druck der Teuerungsrate 2023 so richtig auf die privaten Haushalte durchschlagen, wenn diese ihre Ersparnisse weitgehend aufgebraucht haben. Dies führe zwangsläufig zu einem dramatischen Einbruch des Konsums. Da auch die Investitionen und die Produktivität auf einem niedrigen Niveau verharren, dürfte selbst ein Rückgang der Inflation zeitnah keine nachhaltigen Impulse für weiteres Wirtschaftswachstum bedeuten.
The UK economy faces a decade of lost growth unless the government fails takes action on investment tax reliefs, the Northern Ireland protocol and the shrinking workforce, the Confederation of British Industry has warned https://t.co/iknGGRxFYG
— Bloomberg (@business) December 5, 2022
Gastronomie in Großbritannien in existenzieller Krise
Dramatische Auswirkungen hat die aktuelle Wirtschaftskrise auch für die britische Gastronomie, die von einer starken Pub-Kultur geprägt ist. Die Inflation führt hier zu höheren Betriebskosten, während die britische Bevölkerung ihre Ausgaben zurückschraubt. Denn bei Inflationsraten im zweistelligen Bereich dürfte das Budget der Privathaushalte auch nicht mehr für regelmäßige Besuche in den geliebten Pubs reichen. Ergo könnten Pubs und Brauereien nach Berechnungen der British Beer and Pub Association im kommenden Jahr rund 20 % weniger Gewinn machen, wenn die britische Regierung die staatlichen Unterstützungen für steigende Energiepreise wie geplant im März 2023 beendet.
Historischer Einbruch der Wirtschaft erwartet
Der gravierende Rückgang des Bruttoinlandsprodukts könnte die längste Rezession für die britische Wirtschaft bedeuten, seitdem diesbezügliche makroökonomische Statistiken vor rund 100 Jahren eingeführt wurden. Die Bank of England geht sogar von einer Rezession aus, die von Mitte 2022 bis Mitte 2024 andauert. Dies prognostizierte die englische Notenbank bei ihrer achten Anhebung des Leitzinses auf mittlerweile 3 %. Zugleich werden mittlerweile deutlich schärfere Zinsanhebungen gefordert, bis auf 4,5 %.
Bank of England's Dhingra warns of deeper and longer recession with higher rates https://t.co/NPsYAFVuB7 pic.twitter.com/NMBq1V2jvP
— Reuters (@Reuters) December 3, 2022
Derweil gibt das britische Pfund die in der letzten Woche erzielten Gewinne wieder ab. Nachdem das Handelspaar GBP/USD zwischenzeitlich in einer Woche um rund 2 % zugunsten der britischen Währung zulegen konnte, beläuft sich das Wochenplus auf weniger als 1 %. Rückblickend notiert das britische Pfund auf Jahressicht rund 8 % im Minus gegen den starken US-Dollar.