Das OPEC+ Bündnis kommt am 04. Dezember in Wien zusammen, um die weitere Förderpolitik zu diskutieren. Wenn es nach den Marktstrategen von Goldman Sachs geht, werden die mächtigen Ölproduzenten (OPEC- und Nicht-OPEC) dabei Maßnahmen ergreifen, um die deutliche Preiskorrektur aufzuhalten. Demnach formulieren die Analysten für 2023 das Kursziel von rund 110 $ für ein Barrel Öl der Marke Brent. Bei einem aktuellen Preis von rund 85 $ würde dies ein Wertsteigerungspotenzial von rund 30 % implizieren.
Förderkürzung wahrscheinlich: Verschiedene Ursachen für Preiskorrektur
Jeff Currie, der globale Leiter der Rohstoff-Sektion von Goldman Sachs, sieht eine Kombination verschiedener Faktoren als ursächlich für die zuletzt deutlich gesenkten Prognosen beim Öl-Preis. Dies mache ein Handeln wahrscheinlich. Denn zunächst einmal ist die Rezessionsangst noch omnipräsent, obgleich zumindest in den USA eine weiche Landung der Volkswirtschaft möglich scheint. Erneute Covid-19-Restriktionen in China und die schwächere Nachfrage aus dem Reich der Mitte belasten den Öl-Preis. Dazu kommen mögliche politische Preisobergrenzen im Westen, um die Auswirkungen der Inflation – Energie als Preistreiber – zu begrenzen.
Goldman Sachs sees 'high probability' of OPEC cut — and expects oil prices to hit $110 next year https://t.co/yJEleBoVJC
— CNBC (@CNBC) November 29, 2022
Zugleich brachte Russland vor der Frist für das eigene Export-Verbot am 05. Dezember noch zahlreiche Fässer Öl auf den Markt, was den Preis erneut drückte. Kurzfristig dominierten somit die Belastungsfaktoren. Kein Wunder, dass der Öl-Preis nach einer Rallye im Sommer zuletzt deutlich korrigierte und aktuell auf dem gleichen Niveau wie im Januar 2022 notiert.
Ende August wurde Brent noch bei 100 $ pro Barrel gehandelt. Nun sind es nur noch rund 85 $ an der Londoner Rohstoffbörse.
Mittelfristige Ölprognose bullisch: Goldman Sachs sieht 110 $ pro Barrel Brent-Rohöl in 2023
Der aktuelle Preissturz könnte für Investoren jedoch auch eine Chance am Rohstoffmarkt bieten, wenn man die Einschätzung von Goldman Sachs teilt. Denn demnach dürfte der Preis für das Barrel Brent-Rohöl auf 110 $ steigen, wenn die Förderkürzung beschlossen wird. Dies impliziert ein Kurspotenzial von rund 30 %. Allerdings verweist auch die US-Bank auf zahlreiche Unsicherheitsfaktoren bei dieser Prognose.
If #oil prices continue to decline, the market conviction that OPEC+ will cut will stop the decline.
However, #OPEC+ is more effective when it is unpredictable. It pulled a rabbit out of the hat several times in the past. Now it needs to pull a bull..a longhorn is even better! pic.twitter.com/6d5trjYkFl
— Anas Alhajji (@anasalhajji) November 28, 2022
Sinkt die Öl-Nachfrage in China weiter?
Das Reich der Mitte hat sich zu einem wichtigen Player auf dem Weltmarkt entwickelt. Chinas ökonomische Bedeutung ist im letzten Jahrzehnt rasant gewachsen. Jetzt könnte nach Currie eine erneut sinkende Nachfrage nach Öl im Reich der Mitte wahrscheinlich sein. Die OPEC-Produzenten werden wohl den Fokus insbesondere auf die chinesische Wirtschaft legen und die Wahrscheinlichkeit einer sich weiter abschwächenden Nachfrage nach Öl diskutieren. Der wahrscheinlichste Case nach Goldman Sachs – eine Kürzung der Fördermenge.
Damit würde sich ein Trend fortsetzen, da bereits im November OPEC+ die Produktion um 2 Millionen Barrel pro Tag reduzierte, obgleich die USA zur Stärkung der Weltwirtschaft sogar eine Erhöhung forderten. Die Einschätzung von Goldman Sachs lässt sich mit kürzlich erfolgten Äußerungen von OPEC+ untermauern. Denn diese deuteten bereits an, dass man noch stärker die Produktion von Öl kürzen könne, um eine Erholung der Rohölpreise zu unterstützen.
OPEC und OPEC verfolgen eigene Interessen
Man könne kritisch hinterfragen, warum sich die Kartelle in einer schwierigen Zeit für die westlichen Volkswirtschaften für eine Kürzung der Fördermengen, wie schon im November, entscheiden. Doch dies ist grundsätzlich denkbar einfach – die OPEC steht nicht auf der Seite von Russland, aber auch nicht auf der Seite des Westens. Saudi-Arabien, ein einflussreiches OPEC-Mitglied, gilt als Verbündeter der USA. Dennoch haben OPEC und OPEC+ eigene Interessen – nämlich möglichst viel Geld zu verdienen, bevor die Nachfrage nach Rohöl vielleicht für immer einbricht – obgleich dies noch einige Jahre dauern dürfte.