Mittlerweile haben die Gasspeicher in Deutschland einen Füllstand von über 95 % erreicht. Damit realisierten die Verantwortlichen frühzeitig das Ziel, das eigentlich erst für den 01. November angedacht war. Nachdem die russischen Gaslieferungen zunächst stark gedrosselt und dann gestoppt wurden, hielten viele Menschen in Deutschland wohl gefüllte Gasspeicher kaum noch für möglich.
Doch am 12.10 verkündete die Bundesnetzagentur bereits einen Füllstand von 95,14 %. Nichtsdestotrotz wartet noch Arbeit auf die zuständigen Beamten. Denn eine Verordnung des Bundeswirtschaftsministeriums schreibt eben vor, dass jede Anlage am 01. November zu 95 % gefüllt sein muss. Da aktuell die Schwankungen noch relativ stark sind, müssen partiell Speicher weiter aufgefüllt werden. Beispielsweise ist der größte deutsche Gasspeicher Rehden erst zu 83,74 % gefüllt.
Einsparungen von mindestens 20 % zwingend erforderlich
Die gut gefüllten Speicher sollen das Fundament werden, um einen kalten Winter in Deutschland zu verhindern. Dennoch brauche man noch die Anstrengungen der Gaskunden, um dies bewerkstelligen zu können. Denn das Gas in den Speichern genüge nur für ungefähr zwei kalte Wintermonate. Folglich wird der Winter dennoch eine große Herausforderung, erst recht, wenn man sich die aktuellen Verbrauchszahlen anschaut. Denn erst ab dem Oktober beginnen traditionell die Monate, in denen der Gasverbrauch ansteigt. Glücklicherweise lag der Verbrauch in den vergangenen Monaten schon unter dem Niveau aus 2021 sowie dem durchschnittlichen Verbrauch von 2018 bis 2021. Allerdings lag auch die Durchschnittstemperatur in 2022 über dem Vergleichszeitraum.
Die Industrie konnte demgegenüber in den vergangenen Monaten bereits signifikante Einsparungen vornehmen. Hier lag der Gasverbrauch mitunter deutlich unter dem Durchschnitt der vergangenen Jahre.
Kalter Winter birgt Gefahren
Zwar soll der Verbrauch um rund 20 % gesenkt werden. Dennoch wird 2022 viel von den Temperaturen abhängen. Zum Vergleich: in der Vergangenheit wurde an kalten Wintertagen rund 60 % des gesamten Gasverbrauchs in Deutschland mithilfe der inländischen Gasspeicher abgedeckt. Sollte der Winter also unerwartet kalt werden, könnten die Speicherstände rapide sinken. Erste Wetterprognosen dürften jedoch für leichte Beruhigung sorgen. Denn diese sehen zumindest keinen ungewöhnlichen kalten Winter für Europa.
Nachfrageschock hält Preise hoch: mittelfristige Rückgänge wahrscheinlich
Aktuell dreht sich alles um die Gasversorgung und Energiesicherheit. Die Nachfrage übersteigt das Angebot deutlich. Der Nachfrageschock führt zu explodierenden Preisen, da Staaten bereit sind, jeden auch nur ausgerufenen Preis für Gaslieferungen zu bezahlen. Die Preise im Gasmarkt dürften vorerst auf hohem Niveau verharren. Allerdings führt eine größere Nachfrage mittelfristig eben auch zu einem steigenden Angebot, da die hohen Preise attraktiv für die dort tätigen Unternehmen sind.
Blick in die Zukunft: endet die Energiekrise 2023?
Das aktuelle Verbrauchsverhalten der Menschen hat jedoch auch Einfluss auf die mittelfristige Zukunft. Denn die Speicher fungieren als Absicherung und Puffer – für den Bedarfsfall eben, um immer ausreichend Gas zur Verfügung zu haben. Sofern die Gasspeicher in diesem Winter mangels ausreichender Zuflüsse jedoch stärker als sonst sinken, wird es zur nächsten Herkulesaufgabe, diese bis zum Winter 2023/2024 wieder auf das erforderliche Niveau zu füllen – dann wahrscheinlich vollständige ohne Gaslieferungen aus Russland, die zumindest im Frühjahr 2022 noch signifikant bei der Wiederauffüllung der Gasspeicher halfen.