EZB Zinsentscheid

Heute Nachmittag fand das lange erwartete Treffen der EZB statt. Eine Erhöhung der Leitzinsen wurde bereits erwartet – lediglich die Zinserhöhung war unklar. Nun entschied sich die EZB für eine deutliche Zinserhöhung im Euroraum. Mit einem großen Zinsschritt werden die Leitzinsen um 75 Basispunkte angehoben. Spät und zögerlich – so lässt sich wohl die Politik der europäischen Notenbank beschreiben, die anders als die Fed in den USA lange abwartete, ob sich das Problem der explodierenden Inflation nicht vielleicht doch von allein löse.

Obgleich die Mehrheit der Anleger mit einer Zinserhöhung von 75 Basispunkten rechnete, gab es am Nachmittag einen Kursrutsch im DAX und auch Euro Stoxx 50. Beide Indizes rutschten auf ihr Tagestief, konnten sich aber im Anschluss erholen und reduzierten ihre Verluste. Für große Impulse am Aktienmarkt hat die EZB somit nicht gesorgt. Doch wie sehen Christine Lagarde und die anderen Notenbanker die Zukunft?

Historische Zinserhöhung für den Euroraum: Kampf gegen Inflation beginnt  

Lange Zeit hinkte die EZB ihrem amerikanischen Pendant Federal Reserve hinterher. Doch die anhaltend hohe Inflation machte eine Reaktion der EZB unausweichlich. Zu hoch sei die Gefahr, dass sich die Inflation manifestiere und wir im Euroraum mittelfristig eine hohe Teuerungsrate verzeichnen. Die EZB möchte gegen die Inflation angehen, um die zukünftige Wettbewerbsfähigkeit der Länder in der Eurozone zu gewährleisten. Zwar lässt sich kritisch hinterfragen, warum erst jetzt die erste Zinsanpassung erfolgt. Nichtsdestotrotz war der heutige EZB-Zinsentscheid der Startschuss für einen möglicherweise langen Kampf gegen die Inflation.

Der neue Leitzins liegt nach der Erhöhung um 75 Basispunkte bei 1,25 %. Die größte Zinserhöhung nach Einführung des Euro ändert somit nichts an dem Umstand, dass die Zinsen in der EU historisch niedrig bleiben. Im Hinblick auf die hohe Inflation können auch die neuen Zinsen nichts an einer deutlich negativen, realen Rendite ändern.

EZB-Ausblick: Düstere Aussichten für europäische Konjunktur 

Besonders negativ dürften die Marktteilnehmer jedoch den Ausblick der EZB aufgenommen haben. Zwar möchte die EZB in der Zukunft je nach verfügbaren Daten entscheiden, ob und inwieweit Zinsen weiter angehoben werden. Dennoch sieht die EZB-Chefin Christine Lagarde die Zukunft der Konjunktur in der Währungsunion pessimistisch. Demnach dürfte die Energiekrise in Kombination mit anhaltend hohen Teuerungsraten die Konjunktur eintrüben. Bereits Ende 2022 dürfte es zu einer Stagnation in Europa kommen. Das Wirtschaftswachstum solle demnach 2023 nur noch 0,9 % betragen.

Euro-Kurs als weiterer Belastungsfaktor für Eurozone   

Nicht nur die Inflation und die Energiekrise belasten die Konjunkturaussichten und fachen die Rezessionsangst an. Dazu bleibt auch der Devisenmarkt ein wichtiger Faktor bei der Beurteilung der europäischen Wirtschaftsaussichten. In einem volatilen Kursverlauf bleibt der Euro wieder unterhalb der Parität zum US-Dollar. Erst am Dienstag erreichte der Euro-Kurs den niedrigsten Stand seit fast 20 Jahren. Der niedrige Euro-Kurs ist auch ein Risikofaktor, da dieser die Inflation weiter anfacht.

USD Euro Kurs

Eine Bekämpfung der Teuerung in der Währungsunion ist mit Zinserhöhungen ungleich schwerer, wenn der Euro immer schwächer wird. Denn notwendige Importe wie Gas oder Öl, die in US-Dollar auf dem internationalen Markt gezahlt werden, sind teurer. Dies heizt die Inflation kräftig an. Im Umkehrschluss könnte eine Erholung des Euro im Vergleich zum US-Dollar zusätzlich gegen die Inflation wirken.

Wer Inflation, EZB-Zinsentscheid, Rezessionsangst und makroökonomische Faktoren analysiert und bei seinen Investments berücksichtigt, sollte 2022 auch den Devisenmarkt im Blick behalten. 

EZB-Zinsentscheid: Wird die EZB die Zinsen weiter erhöhen?  

Die Wachstumsaussichten für die Länder in der Eurozone deuten zunehmend die Gefahr einer Rezession an. Im Zuge des jüngsten Zinsentscheids der EZB haben zahlreiche Experten ihre Erwartungen für die Konjunktur angepasst. Weitere Zinserhöhungen dürften unausweichlich sein, wenn die EZB die Inflation bekämpfen möchte. Allerdings wird mit jedem weiteren Zinsschritt auch Druck auf die Konjunktur ausgeübt. Notenbanker und Anleger haben 2022 gemeinsam, dass beide die makroökonomischen Entwicklungen kontinuierlich beobachten sollten.

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