Indien

Während die Globalökonomie 2023 in einer schwierigen Situation steckt und rezessive Auswirkungen vielerorts befürchtet werden, könnte es ein Land geben, das weiterhin starkes Wachstum generiert. Experten sehen Indien mittlerweile als einen Lichtblick der Weltwirtschaft und den potenziellen „Rising Star“ der nächsten Jahre. Denn Investitionen in die Infrastruktur, die schnell voranschreitende Digitalisierung und eine im internationalen Vergleich akzeptable Inflation bedingen optimistische Zukunftsprognosen. Indische Führungskräfte und Politiker positionieren sich beim Weltwirtschaftsgipfel in Davos als potenzieller Profiteur der Krise. Zugleich wurde Indien in den letzten Wochen oftmals genannt, wenn es um Alternativen zu China zwecks einer größeren Unabhängigkeit geht.

China wächst 2023, doch kann nicht mit Indien mithalten

Prognosen zufolge soll Indien im laufenden Jahr unter den größten Volkswirtschaften der Welt ein überdurchschnittliches Wachstum generieren. Europa kämpft gegen eine Rezession an, in Deutschland kann eine technische Rezession möglicherweise noch verhindert werden. In den USA sinkt das Wachstum beträchtlich. China stellt hier eine Ausnahme dar und soll nach IWF-Prognosen 2023 um 4,4 % beim BIP wachsen. Dennoch sind die Schätzungen für Indien noch optimistischer. Der Internationale Währungsfonds (IWF) geht hier von einem Wachstum von 6,1 % aus. In den nächsten zehn Jahren soll Indien die drittgrößte Volkswirtschaft der Welt werden und Deutschland sowie Japan überholen. 2035 könnte das BIP dann schon bei über 10 Billionen $ liegen.

Auswirkungen einer weltweiten Rezession wird jedoch auch Indien spüren. Anish Shah, CEO des indischen Konglomerats Mahindra Group, äußerte sich dergestalt:

“India will get impacted. When the world goes through a recession it’s not as if India will be left out.”

Indien setzt auf Zukunftstechnologie: Viel Potenzial im nächsten Jahrzehnt

Besonders zukunftsträchtig scheint die innovationsbasierte Strategie. Indien war lange Zeit überaus bekannt für die fortschreitende Digitalisierung und das IT-Outsourcing nach Indien wurde weltweit genutzt. Indien bietet Unternehmen, die dorthin expandieren, eine der besten digitalen Infrastrukturen der Welt. Die 5G-Infrastruktur ist weit verbreitet.

Zugleich möchte Indien in wachstumsstarken Zielmärkten das eigene Angebot forcieren – beispielsweise die Auftragsfertigung für Halbleiter, Wasserstoff, digitale Zahlungsabwicklung oder Solarindustrie. Marktsegmente, die eines gemeinsam haben – sie sollen in den nächsten Jahren überdurchschnittliches Wachstum bringen.

Mit einer Kombination aus staatlichen Investitionen und politischer Stabilität ist Indien gewappnet, um mit ausreichend Kapital den Wandel voranzutreiben. In der aktuellen Energiekrise kaufte Indien günstig russisches Öl ein, während europäische Volkswirtschaften unter explodierenden Energiepreisen litten. Mit einer Inflationsrate von 5,7 % Im Dezember ist die Teuerungsrate zwar zu hoch, dennoch auf einem im internationalen Vergleich moderaten Niveau.

Drei Wachstumstreiber für die indische Wirtschaft

Die folgenden drei Wachstumstreiber könnten Indiens Volkswirtschaft in den nächsten Jahren zu einem weiteren Boom verhelfen.

1. Bevölkerungswachstum

2022 war China nach Daten von Statista das bevölkerungsreichste Land der Welt. Die jahrelange Ein-Kind-Politik stoppte jedoch das expansive Bevölkerungswachstum. In Indien wächst die Bevölkerung deutlich schneller. Bis spätestens 2030 sollte Indien demnach zum bevölkerungsreichsten Land der Welt werden. Damit steigt das vorhandene Humankapital, während zugleich mit mehr Wohlstand auf der Nachfrageseite ebenfalls eine dynamische Entwicklung entsteht. Erste Schätzungen in einem Bloomberg-Bericht gehen schon jetzt davon aus, dass in Indien mehr Menschen als in China leben.

2. Produktivitätswachstum

Das Produktivitätswachstum ist ein wichtiger Treiber für eine positive Konjunktur. Während in Deutschland beispielsweise das Produktivitätswachstum je Erwerbstätigen zuletzt bei rund 0,3 % pro Jahr lag, dürfte dies in Indien deutlich höher sein. Die Entwicklung zu einer Dienstleistungsgesellschaft wird die Produktivität antreiben.

3. Digitalisierung & Innovation

Der Wachstumstreiber für Indien war in den letzten Jahren die wachsende Digitalisierung. Mittlerweile gibt es in Indien schon über 850 Millionen Nutzer von Internet. Eine veraltete Infrastruktur, die kostenaufwendig modernisiert werden muss, gibt es in weiten Teilen nicht. Hier können die politisch Verantwortlichen direkt innovative Branchen anvisieren und wappnen sich somit frühzeitig für die Megatrends des nächsten Jahrzehnts.

Gigantische Chancen, bleibende Herausforderungen

Die Chancen Indiens sind enorm. Dennoch ist nicht alles Gold, was glänzt. Auch auf dem indischen Subkontinent gibt es mannigfaltige Herausforderungen, die es nun zu bewältigen gilt. Zum einen könnte man Vergleiche zwischen Industrieländern, wie Europa oder den USA, und Schwellenländern, wie Indien, als wenig zielführend einstufen. Denn naturgemäß kann das Wachstum in den etablierten Volkswirtschaften nicht derart stark sein.

Das indische Kastensystem schwindet mehr und mehr aus der Gesellschaft. Dennoch bedarf es weiterer Bekenntnisse zu einem kapitalistischen, freien System, um hohes Wirtschaftswachstum zu bedingen. Korruption und Bürokratie sind weitere Probleme, die Indiens Politik in den nächsten Jahren angehen muss.

Dann stehen die Chancen jedoch gut, dass Indiens Wirtschaft schon bald zulasten von Deutschland in der Liste der größten Volkswirtschaften der Welt aufsteigt. Anleger können mit indischen Aktien oder Indien-ETFs an dieser Entwicklung partizipieren.