Eine neue Pressemitteilung des Bundesamtes für Statistik zeigt eine deutlich ansteigende Anzahl an Regelinsolvenzen in Deutschland. Die Kennzahl legte demnach um 10,8 % gegenüber dem Vormonat zu, nachdem im Januar trotz makroökonomischer Herausforderungen sogar noch ein Rückgang gemeldet wurde. Das makroökonomische Umfeld belastet augenscheinlich auch die deutsche Firmenlandschaft.
Insolvenzen nehmen zu: Statistik spiegelt Situation im November wider
Die beantragten Regelinsolvenzen in Deutschland stiegen im Februar 2023 um 10,8% gegenüber dem Vormonat, nachdem sie im Januar 2023 noch um 3,2% gesunken waren. Bei der Interpretation sollte man berücksichtigen, dass die Statistik nur die Geschäftsaufgaben im Rahmen eines Insolvenzverfahrens einbezieht. Zugleich werden die Verfahren erst nach der ersten Entscheidung des Insolvenzgerichts aufgenommen. Damit wird der tatsächliche Zeitpunkt des Insolvenzantrags oft rund drei Monate früher geschätzt. Folglich dürften die aktuellen Zahlen eher die Situation im November/Dezember widerspiegeln.
Die Zahl der beantragten Regelinsolvenzen in Deutschland ist nach vorläufigen Angaben im Februar 2023 um 10,8 % gegenüber dem Vormonat gestiegen. Im Januar 2023 war sie um 3,2 % gegenüber Dezember 2022 gesunken. Weitere Infos: https://t.co/3fR6o0927j #Insolvenzen pic.twitter.com/y8NobMVsIS
— Statistisches Bundesamt (@destatis) March 17, 2023
14.590 Insolvenzen in 2022: Erster Anstieg seit Finanzkrise 2009
Im letzten Jahr ist die Anzahl der Firmeninsolvenzen in Deutschland erstmals seit der globalen Finanzkrise im Jahr 2009 wieder angestiegen. Nach Daten des Statistischen Bundesamts wurden demnach 14.590 Unternehmenspleiten von den zuständigen Amtsgerichten registriert, was einem Anstieg von 4,3 Prozent im Jahresvergleich entspricht.
Ein Umfeld mit hoher Inflation, steigenden Zinsen und einer Bankenkrise kann eine Vielzahl von Herausforderungen für Unternehmen mit sich bringen. Inflation führt zu höheren Kosten für Rohstoffe und Arbeitskräfte, was die Gewinnmargen der Unternehmen belastet. Steigende Zinsen machen es für Unternehmen teurer, Kredite aufzunehmen, was den finanziellen Spielraum einschränkt. All diese Faktoren tragen dazu bei, dass Unternehmen in finanzielle Schwierigkeiten geraten und die Anzahl der Insolvenzen im Jahr 2023 noch deutlich ansteigen könnte.
Übrigens erlebten wir damit im vergangenen Jahr ein Novum. Denn seit der Finanzkrise im Jahr 2008/2009 sank die Anzahl der Unternehmensinsolvenzen kontinuierlich. Die Finanzkrise wurde durch eine Kreditkrise ausgelöst, bei der viele Banken Kredite an Kreditnehmer mit schlechter Bonität vergeben hatten, die sie später nicht zurückzahlen konnten. Dies führte zu einer Kette von Zahlungsausfällen und Bankenpleiten, die die globale Wirtschaft beeinträchtigte. 2022 gab es somit erstmals seit 13 Jahren wieder eine Zunahme der Firmenpleiten.
Hoffnung für 2023: Branchen unterschiedlich stark betroffen
Im Jahr 2022 ist die Inflation in Deutschland auf ein jahrzehntelanges Rekordhoch gestiegen, was für Unternehmen diverse Probleme bedingte. Insbesondere hohe Energiekosten, anhaltende Störungen der Lieferketten und die schwindende Konsumlaune haben zum Anstieg der Unternehmenspleiten beigetragen. Zusätzlich wurde bereits von März 2020 bis Mai 2021 aufgrund der Corona-Pandemie die Insolvenzantragspflicht ausgesetzt, um damals eine Pleitewelle zu verhindern. Anschließend wurde ein Anstieg der Insolvenzen erwartet, den wir möglicherweise zu einem guten Teil in 2022 bereits gesehen haben.
Trotz des Anstiegs der Insolvenzen im vergangenen Jahr sind Experten für 2023 vorsichtig optimistisch und hoffen, dass die deutsche Wirtschaft und mittelständische Unternehmen mit einem blauen Auge davonkommen. Allerdings dürften bestimmte Branchen stärker betroffen sein. Vornehmlich zinssensitive Branchen wie der Bausektor könnten im Falle eines weiteren Anstiegs der Zinsen mehr Insolvenzen erleiden. Die Insolvenzen und deren Verlauf sollten weiter als makroökonomische Kennzahl in Deutschland berücksichtigt werden. Denn noch ist eine Wirtschaftskrise nicht abgesagt, obgleich eine tiefgreifende Rezession zunehmend unwahrscheinlicher wird.