Die erste Abkühlung der Teuerung in den Vereinigten Staaten von Amerika brachte die Aktienmärkte in einen neuen Rallye-Modus. Das Schreckgespenst der Inflation ist vorerst verschwunden. Hoffnung auf eine weniger aggressive Straffung der Geldpolitik durch die Fed beflügelt die Märkte. Derweil liegt die Inflationsrate in Deutschland bei über 10 %. Eine neue Bundesbank-Studie offenbart jetzt die weiterhin hohen Inflationserwartungen der deutschen Haushalte, die für die nächsten 12 Monate von einer durchschnittlichen Inflation von 8,2 % ausgehen.
Inflationserwartungen auf Rekordhoch: Unverändert auf Monatssicht
Die aktuellen Inflationserwartungen befinden sich weiterhin auf einem Rekordhoch von 8,2 %. Die Bundesbank erhebt seit 2019 diese Statistik. Damit entsprechen die Erwartungen den Umfragen aus dem September und sind somit im Vergleich zum Vormonat unverändert.
In den nächsten fünf Jahren gehen die befragten Haushalte durchschnittlich von 6 % Inflation aus – ein extrem hoher Wert, der im Vergleich zum Vormonat sogar leicht anstieg.
Beide Grafiken offenbaren einen eindeutigen Trend. Die Inflationserwartungen steigen aktuell kontinuierlich an, eine Abschwächung lässt sich noch nicht erkennen.
Starke Diskrepanz zwischen realer Inflation und EZB-Zielrate
Dass die Inflationserwartungen der Verbraucher nicht von ungefähr kommen, offenbart die hohe Diskrepanz zwischen der realen Teuerungsrate und dem eigentlichen Ziel. Um das formulierte Ziel der Preisstabilität mit Wirtschaftswachstum zu verbinden, peilt die EZB für die Eurozone eine Inflationsrate von 2 % an, die in den vergangenen Jahren meist unterboten wurde. Aktuell ist die Inflation im Oktober auf 10,7 % explodiert. Es scheint ein langer Atem erforderlich, um die Zielrate wieder zu erreichen. Dennoch macht die erste Abkühlung der Teuerungsraten in Übersee Hoffnung.
Als Maßnahme gegen die hohe Inflation erhöhte die EZB die Leitzinsen bereits auf 2 %, obgleich die EZB deutlich länger als ihre internationalen Pendants (allen voran die Fed) zögerte.
Inflationserwartungen wichtiges Parameter: Gefahr einer Lohn-Preis-Spirale real
Nun könnte man anführen, dass schließlich nicht die Inflationserwartungen maßgeblich bei einer Betrachtung der Makroökonomie sein sollten, sondern die reale Inflation, die wirklich Monat für Monat die Einkäufe oder Energiepreise verteuert. Dennoch wäre eine reine Bezugnahme auf die tatsächliche Inflation zu kurz gedacht. Schließlich haben die Erwartungen an die Inflation unmittelbare Auswirkungen. Sofern die Verbraucher ihre Inflationserwartungen deutlich nach oben anpassen, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass diese mittelfristig höhere Löhne fordern werden. Denn sie müssen dann die (vermeintlich immer weiter) steigenden Preise bezahlen. Da dann Unternehmen wiederum ihre Preise erhöhen würden, um die Margen nicht übermäßig zu belasten, entsteht eine Lohn-Preis-Spirale, die die Inflation weiter manifestiert.