Die deutsche Wirtschaft wirkt fragil. In den letzten zwei Jahren mehrten sich die düsteren Prognosen, die der deutschen Volkswirtschaft ihre internationale Wettbewerbsfähigkeit absprachen. Nun hat die Unternehmensberatung EY eine neue Studie durchgeführt, die erneut schockierende Ergebnisse hervorbringt. Denn nur 18 Prozent der deutschen CEOs glauben an eine Verbesserung der Konjunktur. Das Vertrauen in die Wirtschaft bleibt somit auf niedrigem Stand.
Insoweit liegen die deutschen Führungskräfte deutlich unter dem globalen Durchschnitt. Zuversicht macht sich andernorts also deutlich schneller breit, mitunter aus berechtigtem Grund.
Deutsche Skepsis bleibt präsent, Glaube an eigenes Unternehmen
Geschäftsführer weltweit sehen offenbar eine positive Entwicklung in der Globalökonomie: Laut einer EY-Studie ist jeder dritte CEO global gesehen heute optimistischer hinsichtlich der weltwirtschaftlichen Entwicklung als noch vor einem Jahr. Lediglich jeder Zehnte beurteilt die konjunkturelle Situation pessimistischer. Damit lässt sich eine optimistische Dynamik erkennen.
In Deutschland ist die Situation mit 18 Prozent Optimisten und 11 Prozent Pessimisten weniger eindeutig. Zudem erkennen die meisten Befragten weltweit (57 Prozent) und in Deutschland (71 Prozent) keine signifikante Veränderung der Wirtschaftslage. Bezüglich der eigenen Unternehmen sind die meisten Führungskräfte jedoch deutlich optimistischer: 60 Prozent der CEOs weltweit und sogar 69 Prozent in Deutschland sehen verbesserte Umsatzaussichten. Nur acht Prozent weltweit und 15 Prozent in Deutschland erwarten schlechtere Umsätze.
So sei es laut Analysten von EY für Euphorie zu früh. Dennoch stabilisiert sich die Lage in der Globalökonomie. Neue Herausforderungen werden zur Realität, mit denen Unternehmen im Jahr 2024 hantieren müssen:
„(…) die Lage scheint sich auf niedrigem Niveau zu stabilisieren. Und die Anstrengungen der Unternehmen, mit dieser neuen Normalität – hohen Zinsen, Belastungen der Lieferketten, kriegerische Auseinandersetzungen in vielen Regionen –umzugehen, zahlen sich aus.“
Düstere Prognose: Deutsche Industrie leidet stark
Analysten betrachten die deutsche Industrie als besonders fragil und sehen hier einen angeschlagenen Sektor. Viele Industriekonzerne haben ihre Produktion und Produktionskapazitäten an die geringere Nachfrage angepasst und umfangreiche Kostensenkungsmaßnahmen umgesetzt. Die Unternehmen versuchen, durch erhöhte Flexibilität, mehr Automatisierung und den Abbau von Verwaltungsfunktionen wieder handlungsfähig zu werden. Doch die Prozesse dauern an, der Wandel braucht Zeit.
Während sich die Lage im Dienstleistungssektor stabilisiert hat, bleibt die Situation in der Industrie trotz dieser Maßnahmen kritisch. Die schwache Nachfrage, insbesondere im Automobilsektor, der sich in einer schleppenden Transformation befindet, verschärft die Probleme. Hinzu kommen in Deutschland hohe Energie- und Arbeitskosten. Diese Faktoren tragen dazu bei, dass das Risiko einer Deindustrialisierung weiterhin eine große Bedrohung darstellt. Deutschlands Industrie kämpft augenscheinlich um ihre Existenz, obgleich die meisten CEOs in der hiesigen Befragung an ihre eigenen Unternehmen glauben.
Nachhaltigkeit und Technologie: So entwickeln sich deutsche Unternehmen
Deutsche Unternehmen investieren verstärkt in Technologie, um sich in einer schwierigen wirtschaftlichen Lage neu zu positionieren. Neben Kostensenkungsmaßnahmen, die bei 33 Prozent der deutschen Konzerne zu den wichtigsten Prioritäten gehören, setzen sie auf zukunftsorientierte Investitionen. Trotz der Herausforderungen zeigen deutsche Führungskräfte eine entschlossene Haltung und investieren weiter in technologische
Entwicklungen. 65 Prozent der deutschen CEOs sehen Technologieinvestitionen als eine der drei wichtigsten Prioritäten für ihre Unternehmen an, im Vergleich zu 47 Prozent weltweit. Dabei dürfte jedoch auch ein Rückstand bei der Digitalisierung dafür verantwortlich sein, dass deutsche CEOs stärker auf Investitionen in Technologie setzen (müssen).
Zudem konzentrieren sich 38 Prozent der deutschen Top-Manager auf Umsatzwachstum und die Erschließung neuer Einnahmequellen, während dieser Anteil global nur bei 19 Prozent liegt. Wachstum ist dringend erforderlich.
Auch in puncto Nachhaltigkeit zeigen sich deutsche CEOs besonders engagiert: Für 68 Prozent der Befragten in Deutschland hat Nachhaltigkeit laut EY heute einen höheren Stellenwert als im Vorjahr, während weltweit nur 54 Prozent diesen Trend bestätigen. Nur 19 Prozent der deutschen Vorstandsvorsitzenden, im Vergleich zu 23 Prozent weltweit, erkennen eine abnehmende Bedeutung dieses Themas. Nachhaltigkeit ist somit fest in der strategischen Agenda deutscher Unternehmen verankert.
Trotz wirtschaftlicher Unsicherheiten und technologischer Umbrüche wird die Bedeutung nachhaltiger Geschäftsmodelle zunehmend erkannt und in langfristige Unternehmensstrategien und Transaktionen integriert. Die Aufgaben der deutschen CEOs scheinen auch nach der neuen Befragung drängend und umfassend.