Heute erlebte der Aktienmarkt in Hongkong erneut einen dramatischen Einbruch, wobei die Kurse um über 3 % auf neue Jahrestiefstände fallen und das Tief von Oktober 2022 ins Visier nehmen. Trotz offiziell gemeldeter Wachstumszahlen von 5,2 % für die chinesische Wirtschaft, die den Erwartungen weitgehend entsprechen, scheint das Vertrauen, sogar unter den Chinesen, schwach ausgeprägt. Chinesische Aktien zeigen sich wiederholt bearish, der Markt wirkt mehr als angeschlagen.
Die chinesischen Märkte sind also erneut schwach, viele Aktien markieren neue Verlaufstiefs. Was ist der Grund und wird alles erst einmal noch schlimmer, bevor es irgendwann wieder besser wird?
Chinas Wirtschaftswachstum enttäuscht: Märkte brechen ein
Die chinesischen Indizes brechen ein, nachdem das Wirtschaftswachstum Chinas im vierten Quartal hinter den Erwartungen zurückblieb. Laut dem Nationalen Statistikamt Chinas wuchs die Wirtschaft des Landes im Zeitraum von Oktober bis Dezember des vergangenen Jahres um 5,2 %, was leicht unter den von Reuters befragten Ökonomen prognostizierten 5,3 % liegt. Andere Schätzungen gingen von ungefähr 5,2 %. Für das gesamte Jahr 2023 betrug das BIP-Wachstum ebenfalls 5,2 % im Reich der Mitte. Die Arbeitslosenquote in den Städten lag im Dezember bei 5,1 %, während sie bei den 16- bis 24-Jährigen mit 14,9 % deutlich höher ausfiel. Damit schwächelt die chinesische Konjunktur weiter.
China's economic growth is set to slow in 2024. Here's what Wall Street is predicting https://t.co/HWLkDemySG
— CNBC (@CNBC) January 17, 2024
Immobilienmarkt belastet weiter
Die Aktienkurse führender chinesischer Immobilienunternehmen verzeichneten am Mittwoch ebenfalls einen deutlichen Rückgang. Dieser Abwärtstrend spiegelt die aktuelle Marktsituation wider, die durch eine beschleunigte Abnahme der Wohnimmobilienpreise im Dezember, wie von der chinesischen Regierung berichtet, belastet wird. Immobilienaktien bleiben die Sorgenkinder im Reich der Mitte.
Zudem wirkten sich schwache Wirtschaftsdaten negativ auf die Märkte aus und eben auch die Immobilienbranche aus. Mit einem Rückgang der Immobilienpreise um 0,4 % im Dezember, dem stärksten monatlichen Rückgang seit März 2023, steht der Immobiliensektor weiterhin unter Druck. Seit nunmehr drei Jahren kämpft der Sektor mit einem starken Einbruch des Verkaufsvolumens. Zusätzlich zu diesen Herausforderungen stehen viele chinesische Immobiliengesellschaften aufgrund sinkender Umsätze vor anhaltenden Liquiditätsproblemen. Die ein oder andere Zahlungsunfähigkeit war auch schon dabei.
#China: "You're seeing a banking crisis. You're clearly seeing a real estate crisis…You've got the perfect economic storm hitting China at a point in time in which the geopolitical tensions in the world are at a multi-decade high. So I think they're in real trouble." @Jkylebass pic.twitter.com/UatlSQjZU9
— Jan Jekielek (@JanJekielek) January 12, 2024
Chinas Politik: wann kommt die Trendwende?
Obwohl offiziell die Wachstumsziele Chinas für das Jahr 2023 erreicht wurden, bleiben Zweifel an der Verlässlichkeit dieser Daten bestehen. Aktuell durchlebt das Land eine herausfordernde Zeit mit schwächelnder Konjunktur und Deflation.
Dabei kann Deflation für die Finanzmärkte durchaus gefährlicher als Inflation sein, da sie zu sinkenden Preisen und einer abnehmenden Nachfrage führt. Dies bedingt eine Spirale aus sinkenden Investitionen, Unternehmensgewinnen und Beschäftigung. Zudem erhöht Deflation die realen Schuldenlasten, was Unternehmen und Konsumenten zusätzlich belastet und das Risiko von Zahlungsausfällen steigert.
Doch die chinesische Politik wirkt dem bis dato nur unzureichend entgegen. Investoren erhoffen sich ein stärkeres Vorgehen der chinesischen Regierung, um einen wirtschaftlichen Umschwung zu bewirken.
Trotz der Skepsis bietet der chinesische Aktienmarkt aufgrund seiner niedrigen Bewertungen durchaus Fantasie. Dafür sollte jedoch erstmal eine Trendwende erreicht werden, bis dato ist der chinesische Aktienmarkt in den letzten Jahren mehr ein Fass ohne Boden. China verfügt das Potenzial, um aus der wirtschaftlichen Krise zu navigieren, jedoch hängt viel davon ab, wie effektiv die Regierung ein Konjunkturpaket lanciert.
Sind chinesische Aktien sinnvoll? Chancen & Risiken im Reich der Mitte
Die Investition in chinesische Aktien bleibt eine individuelle Entscheidung, die sorgfältig abgewogen werden muss.
Einerseits hat China in den letzten 30 Jahren ein mitunter beeindruckendes Wirtschaftswachstum gezeigt, oft jährlich mit zweistelligen Wachstumsraten, und konnte selbst in der Corona-Krise ein Wachstum von über 5 % verzeichnen. Diese Dynamik zeigt das Potenzial des chinesischen Marktes, der jedoch massive Probleme aufweist.
Andererseits ist die aktuelle Konjunkturschwäche in China mehr als offensichtlich. Die einst rosigen Zeiten scheinen vorüber, die Wirtschaft zeigt Anzeichen von Verlangsamung.
Weiterhin existiert Chinas Bestreben nach Fortschritt und Wachstum. China setzt weiterhin auf Digitalisierung und Entwicklung, was langfristig Chancen für Investoren bieten könnte, trotz der aktuellen Herausforderungen und Unsicherheiten. Doch die günstige Bewertung vieler China-Aktien ist berechtigt. Denn der Markt preist die massiven Risiken und eine steigende Unsicherheit ein.
Die Investition in chinesische Aktien birgt ergo spezifische Risiken, die vor allem aus der engen Verflechtung von Wirtschaft und Politik resultieren. In China befinden sich viele Unternehmen und Ressourcen unter der Kontrolle der Regierungspartei. Regulierungsmaßnahmen der chinesischen Regierung, die sich gezielt gegen einzelne Branchen oder Unternehmen richten können, bergen Crash-Gefahr.
Darüber hinaus hat der Handelskonflikt zwischen den USA und China in den vergangenen Jahren für Unsicherheit und volatilen Börsenhandel gesorgt. Zudem bleibt die Ein-China-Politik im Hinblick auf Taiwan ein konstantes Spannungsfeld.
Diese Faktoren tragen dazu bei, dass chinesische Aktien bei Anlegern oft weniger beliebt sind und im Vergleich zu ihren US-amerikanischen Pendants mit einem niedrigeren Bewertungsmultiplikator gehandelt werden. Dass sich diese Bewertungskennzahlen mittelfristig wieder annähern, liegt im Bereich des Möglichen. Verschwinden werden sie wohl nie.