Mc-Kinsey-Strategen sehen eine gravierende Änderung in der europäischen Unternehmenslandschaft. Denn die Automotive-Branche befinde sich am Rande der „größten Transformation ihrer Geschichte“.
Mit der umfassenden Digitalisierung, dem Siegeszug der E-Mobilität sowie neuen Disruptoren in der traditionellen Unternehmenslandschaft sind die Herausforderungen größer denn je. Unternehmen, die mitunter länger als ein Jahrhundert erfolgreich am Markt bestanden haben, müssen nun einen umfassenden Wandel vorantreiben, um nicht endgültig den Kampf gegen die Konkurrenz zu verlieren.
Traditionell haben viele der weltweit führenden Automobilunternehmen ihren Ursprung in Europa. Länder wie Deutschland, Frankreich und Italien sind seit jeher als Wiegen der Automobilindustrie bekannt. Deutschland beispielsweise ist die Heimat von Automobilgiganten wie Volkswagen, BMW und Mercedes-Benz. Frankreich brachte Marken wie Renault und Peugeot hervor, während Italien für Ferrari, Fiat und Lamborghini berühmt ist.
Dennoch haben die heutigen Unternehmen kein günstiges Umfeld. Denn die makroökonomische Wettbewerbsfähigkeit ist herausfordernd. In Europa leiden Unternehmen unter hohen Energiekosten, die Profitabilität im Vergleich zur Konkurrenz erschweren.
Europäische Unternehmen im Vorteil, doch die Herausforderungen wachsen
Die Herausgeber der Studie von McKinsey identifizieren eine Vielzahl von Herausforderungen für die europäischen Unternehmen. Denn das hiesige Umfeld sei ungünstig für die führenden Automobilhersteller.
“Die europäische Autoindustrie erlebt derzeit einen ‚perfekten Sturm‘ – sie muss nicht nur die Transformation hin zur mehr Nachhaltigkeit und Digitalisierung meistern, sondern ist gleichzeitig auch mit ungünstigen geopolitischen und makroökonomischen Faktoren konfrontiert“
In Europa kämpfen die Unternehmen mit Energiekosten, die deutlich über 100 % über dem Niveau in China und den USA liegen. Die Inflation ist in der Eurozone hartnäckiger als in den USA. Aufgrund der geografischen Lage und Abhängigkeit befindet sich Europa zugleich in einem geopolitischen Pulverfass und könnte durch gestörte Lieferkette besonders leiden.
Dennoch bleibt Hoffnung bestehen. Denn ferner sind die Analysten der Auffassung, dass die europäische Automobilindustrie immer noch einen Wettbewerbsvorteil hat. Denn umsatzseitig ist Europas Autoindustrie dreimal größer als in China. Rund 30 % der Investitionen in Forschung & Entwicklung werden von der EU der Autoindustrie zugeteilt. Von den Top 10 der wertvollsten Automobilkonzerne kommt die Hälfte aus Europa.
Nach McKinsey eilt jedoch die Zeit, wenn die europäischen Unternehmen proaktiv die größte Transformation ihrer Geschichte meistern wollen:
„Dazu bedarf es einer ganzheitlichen Betrachtung des Mobilitäts-Ökosystems und in der Konsequenz eines Schulterschlusses zwischen Herstellern, Zulieferern und der Politik. Auch angrenzende Industrien wie die Energiewirtschaft und die Halbleiterbranche sind gefordert.“
Das müssen Europas Unternehmen ändern
In der McKinsey-Studie geht es jedoch nicht nur um eine Analyse des Status quo. Vielmehr leiten die Strategen auch Handlungsempfehlungen ab, mit denen der Standort Europa in der Automotive-Branche seine Vorherrschaft behaupten könnte:
- Entwicklung beschleunigen: Europäische Hersteller brauchen durchschnittlich 4 Jahre vom Konzept bis zur Pilotphase, in China sind es weniger als zwei. Diese Entwicklungszeit muss damit drastisch sinken.
- China-Strategie überarbeiten: China ist der zentrale Absatzmarkt. Die rückläufigen Marktanteile müssen zurückerobert werden. Dafür bedarf es einer stärkeren Orientierung an chinesischen Besonderheiten.
- Kreislaufwirtschaft etablieren: Die Kreislaufwirtschaft stärkt nicht nur Nachhaltigkeitsprofile, sondern verringert auch Abhängigkeiten bei potenziell knappen Ausgangsstoffen wie Halbleitern oder Batterien.
- Europäischer Zulieferer aufbauen: Wettbewerbsfähige Unternehmen aus Europa sollten die Zulieferung der Automobilhersteller übernehmen. Dafür bedarf es Investitionen in wichtige Zukunftsfelder und strategische Partnerschaften.
- Voller Fokus auf Software: In Zukunft ist Software der wichtigste Bestandteil der Autos. Allerdings sind europäische Mitarbeiter deutlich weniger in puncto Software ausgebildet als in den USA und China.
Die Automobilbranche im drastischen Wandel
Die Automobilindustrie befindet sich im Epizentrum einer beispiellosen Transformation, die in ihrer Tiefe und Geschwindigkeit ihresgleichen sucht. Ein Hauptantrieb dieser Veränderung ist die Elektrifizierung. Angesichts globaler Bemühungen zur Reduktion von CO₂-Emissionen rücken Elektrofahrzeuge in den Fokus, während traditionelle Verbrennungsmotoren an Bedeutung verlieren
Parallel dazu revolutioniert der rasant fortschreitende Bereich des autonomen Fahrens den Verkehr. Durch die Integration von Künstlicher Intelligenz und hochentwickelten Sensortechnologien stehen Fahrzeuge mittelfristig davor, ein autonomes Fahrerlebnis zu ermöglichen.
Zusätzlich sind moderne Automobile immer stärker vernetzt, wodurch sie nicht nur zu Transportmitteln, sondern auch zu Informations- und Unterhaltungszentren werden. Dies eröffnet neue Geschäftsfelder und erweitert die Kundeninteraktion weit über das traditionelle Fahrerlebnis hinaus.
Damit zeichnet sich immer mehr ab, dass die Automobilindustrie nicht nur Fahrzeuge, sondern Mobilitätslösungen im umfassendsten Sinne neu erfinden muss. Dies ist jedoch nicht nur Aufgabe europäischer Unternehmen, sondern der Automotive-Branche weltweit.