In einer Pressemitteilung vom 24. Februar revidierte das Statistische Bundesamt Deutschlands die Entwicklung der Wirtschaftsleistung im Schlussquartal 2022. Demnach schrumpfte das BIP im vierten Quartal gegenüber dem Vorquartal um 0,4 %, sodass sich die rezessiven Tendenzen doch deutlich stärker als gedacht auswirkten. Zuvor berichtete Destatis am 30. Januar von einem Rückgang des BIP um 0,2 %. Ergo hat sich die Dynamik der deutschen Wirtschaft im letzten Quartal 2022 deutlich abgeschwächt, obgleich man für das gesamte Jahr 2022 das Wachstum in Höhe von 1,8 % bestätigte.
Die EU-Kommission geht davon aus, dass sich die konjunkturelle Lage in Deutschland im Jahr 2023 besser als erwartet entwickeln wird. Laut ihrer Prognose wird das Wachstum jedoch sehr gering ausfallen. Im November hatte die Kommission noch ein Minus von 0,6 Prozent veranschlagt, nun erwartet sie ein leichtes Plus von 0,2 Prozent. Die Aussichten für ganz Europa sind zuletzt optimistischer geworden. Die EU-Kommission begründete die besseren Wachstumsaussichten mit günstigen Entwicklungen seit der Herbstprognose. Eine technische Rezession werde damit in der Eurozone wohl abgewendet, an Deutschland liegt dies jedoch eher nicht.
Inflation belastet Konsum: Weniger Investitionen schwächen Wirtschaft
Die deutsche Wirtschaft wurde zum Jahresende 2022 durch hohe Preissteigerungen und eine anhaltende Energiekrise belastet, was sich negativ auf private Konsumausgaben und Investitionen auswirkte. Saison- und kalenderbereinigt fielen die privaten Konsumausgaben um 1,0 %. Nach dem Wegfall von staatlichen Vergünstigungen wie dem Tankrabatt oder dem 9-Euro-Ticket gaben die Verbraucher im 4. Quartal 2022 weniger für Konsum aus – die Konsumlaune schwindet langsam, aber sicher.
Investitionen gingen ebenfalls zurück, einschließlich der Bauinvestitionen (-2,9 %) und der Investitionen in Ausrüstungen (-3,6 %), während die Konsumausgaben des Staates leicht anstiegen (+0,6 %). Übergeordnet kann man den schwindenden Konsum und die geringeren Investitionen als Hauptbelastungsfaktor für die Wirtschaftsleistung interpretieren. Auch im ersten Quartal 2023 dürfte diese Entwicklung weiterhin Bestand haben.
Wachstumstrend auf Jahressicht intakt: Diese Branche ist der Hoffnungsschimmer
Im vierten Quartal 2022 stieg das BIP um 0,4 % im Vergleich zum Vorjahresquartal. Dieser Anstieg wurde ausschließlich von den Dienstleistungsbereichen getragen, wobei die sonstigen Dienstleister (+5,9 %), öffentliche Dienstleister, Erziehung, Gesundheit und der Information & Kommunikation (jeweils +3,7 %) hohe Zuwächse gegenüber dem Vorjahr generieren konnten. Handel, Verkehr und Gastgewerbe konnte die Aufholjagd post Corona zum Jahresende nicht mehr, hauptsächlich aufgrund starker Preissteigerungen, die den Handel belasteten. Das Baugewerbe setzte seinen signifikanten Abwärtstrend zuletzt fort, da die bereinigte Wertschöpfung um 6,2 % im Vergleich zum Vorjahr sank. Ursächlich waren insbesondere Material- und Fachkräftemangel sowie die kalte Witterung im Dezember.
Kommt die deutsche Rezession im ersten Quartal 2023?
Aktuell besteht die Möglichkeit einer technischen Rezession, wenn das BIP auch im aktuellen Quartal sinkt und damit zwei Quartale in Folge die Wirtschaft eine Kontraktion erlebt. Um den Anstieg der Energiekosten abzumildern, hat die Regierung bereits Milliardensummen für Privathaushalte und Unternehmen bereitgestellt, die die Konjunktur ankurbeln sollen.
Die Bundesregierung ging zuletzt davon aus, dass die Konjunktur in diesem Jahr um lediglich 0,2 Prozent wachsen wird – ein im Vergleich zum Wachstum von 1,8 Prozent im Jahr 2022 verschwindend geringer Anteil. Die Energiekrise wird sich voraussichtlich auch 2023 auf das Wirtschaftswachstum auswirken.
In ihrem Monatsbericht für den Februar stellte die Bundesbank fest, dass die deutsche Wirtschaft schwach in 2023 gestartet ist und voraussichtlich im ersten Quartal 2023 erneut schrumpft. Wenn das BIP zwei Quartale in Folge sinkt, spricht man von einer technischen Rezession, in die Deutschland Anfang 2023 rutschen könnte. Der private Konsum leidet weiterhin unter der hohen Inflation, während sich auch Baukonjunktur voraussichtlich weiter abkühlen wird.
Good Morning from Germany where Bundesbank sees econ to shrink slightly in 2023 as comps & households started the year on weak footing. Forecast below consensus, which now no longer expects recession & more pessimistic than EU which predicted Germany to eke out 0.2% growth in '23 pic.twitter.com/Fc3ck6NKsK
— Holger Zschaepitz (@Schuldensuehner) February 21, 2023
Zuversicht oder Skepsis: Noch scheiden sich die Geister
Hoffnung macht jedoch eine zunehmende Zuversicht unter den Finanzexperten hinsichtlich der Konjunkturentwicklung, namentlich der ZEW-Konjunkturindikator. Denn dieser erreichte zuletzt ein Jahreshoch.
ZEW Konjunkturindikator: Februar 2022 bis Februar 2023
Februar 2023 | 28,1 |
Januar 2023 | 16,9 |
Dezember 2022 | -23,3 |
November 2022 | -36,7 |
Oktober 2022 | -59,2 |
September 2022 | -61,9 |
August 2022 | -55,3 |
Juli 2022 | -53,8 |
Juni 2022 | -28 |
Mai 2022 | -34,3 |
April 2022 | -41 |
März 2022 | -39,3 |
Februar 2022 | 54,3 |
Der ZEW Konjunkturindikator misst die Erwartungen von bis zu 350 Finanzexperten zur Konjunkturentwicklung in den kommenden sechs Monaten. Im Februar 2023 stieg der Index auf 28,1 Punkte und verbesserte sich damit im Vergleich zum Vormonat um 11,2 Punkte. Die ZEW-Konjunkturerwartungen stellen einen wichtigen Indikator für die künftige wirtschaftliche Entwicklung dar.
Die #ZEWKonjunkturerwartungen steigen im Februar 2023 auf 28,1 Punkte. „Die Erwartungen für die langfristigen Zinsen steigen ebenfalls und der Branchenindikator für Banken erklimmt den höchsten Wert seit dem Jahr 2004“, so #ZEW-Präsident @AchimWambach. https://t.co/oMQ8OTxBgE pic.twitter.com/WjL164xVcQ
— ZEW (@ZEW) February 21, 2023
Spannend zeigt sich jedoch eine deutliche Diskrepanz in anderen Umfragen. In einer von Statista durchgeführten Befragung aus dem Februar 2023 sehen nur 15 % der Befragten eine positive Entwicklung der deutschen Wirtschaft, während 46 % „abwärts“ antworteten, während 37 % den Status quo „unverändert“ sehen.
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