Die Rezessionsangst bewegt die Märkte. Anleger philosophieren aktuell über die Entwicklung der Ökonomie. Droht eine harte Rezession oder gelingt eine weiche Landung der US-Wirtschaft? Obgleich die makroökonomische Entwicklung natürlich für den Aktienmarkt, mittlerweile auch Kryptowährungen, von hoher Relevanz ist, wollen wir ein paar Argumente anführen, warum Anleger keine Angst vor einer harten Rezession haben müssen. Denn „Nicht-Investieren“ ist auch keine Lösung. Einige Argumente sprechen gegen eine harte Rezession. Sofern es doch zu einem deutlichen Rückgang beim BIP kommt, könnte die Entwicklung an den Märkten dennoch besser als erwartet verlaufen.
Die Märkte handeln die Zukunft, Erwartungen sind von hoher Relevanz
Eigentlich sollte es klar sein, dennoch ignorieren viele Marktteilnehmer einen wichtigen Umstand. Die Märkte handeln die Zukunft – nicht das Hier & Jetzt. Zugleich sind Erwartungen von einer hohen Relevanz. Wenn Märkte die Zukunft bepreisen, geht es eigentlich immer um Erwartungen, die mit einer gewissen Unsicherheit behaftet sind.
Schauen wir uns die Erwartungen an, sehen wir seit fast einem Jahr omnipräsente Probleme. Die Inflation explodiert, die Zinsen steigen aggressiv und eigentlich muss eine harte Rezession folgen. Viel Negatives dominiert die Erwartungen, dürfte somit von den Märkten trotz kurzfristiger Erholung eingepreist sein.
Wenn die Realität jedoch besser als erwartet wird, könnte eine Erholung bevorstehen. Insbesondere der Konsum schickt sich an, die Konjunktur zu stützen. Während der Corona-Pandemie konnten die Menschen nicht konsumieren – Nachholbedarf bleibt bestehen, was auch eine starke Nachfrage im Reise- und Unterhaltungssektor offenbart.
Stimmung schlechter als Realität: Chance für neuen Bullenmarkt?
Die Stimmung ist schlecht, das Sentiment belastet die Finanzmärkte. Bis dato zeigen sich signifikante Diskrepanzen zwischen der Stimmung und der Realität – beispielsweise bei der Konsumentwicklung oder auch den Gewinnen der Unternehmen. Denn bisher konnten im S&P 500 67 % der Unternehmen die Erwartungen der Analysten übertreffen – eine beeindruckende Anzahl, die zwar unter dem Durchschnitt der letzten Jahre liegt, dennoch eine gewisse Stärke der Ökonomie ausdrückt.
Majority at Goldman Sachs Global Strategy Conference sees recession in 2023. Expected 57% in USA and 73% in Europe. To read more results and numbers => #goldmansachs #recession #investing #finance https://t.co/GBDPCzIaX2 pic.twitter.com/KClS6szloO
— VanRompay Erik (@vanrompay) January 20, 2023
Zugleich sehen wir langsam eine Trendwende beim Konsum – die Stimmung der Konsumenten im Euro-Raum erreicht ein neues 11-Monats-Hoch.
Consumer sentiment in the euro area rises to the highest level since last February, a sign of resilience as the region seeks to dodge recession this year https://t.co/1aXRIBQgZC
— Bloomberg (@business) January 23, 2023
2023er KGV für S&P 500 unter historischem Durchschnitt
Ausgehend von den Schätzungen der Analysten lässt sich das KGV im S&P 500 für die kommenden 12 Monate nach Daten von Factset auf 17 beziffern. Damit liegt das KGV unter dem 5-Jahres-Durchschnitt (18,5) und dem 10-Jahres-Durchschnitt (17,2). Zwar ist der Abschlag noch nicht wirklich ausgeprägt, weitere Korrekturen scheinen nicht ausgeschlossen. Wenn man jedoch davon ausgeht, dass im Konsens auch in 2023 die Gewinne nicht massiv einbrechen und eben nicht für eine Rezession mögliche Rückgänge von 30 % erfolgen werden, scheint das Abwärtspotenzial zumindest überschaubar.
Harte Rezession ist nicht gleich Börsencrash
In einer Rezession sinken die Gewinne der Unternehmen drastisch. Da die Aktienkurse langfristig mit der Gewinnentwicklung der Unternehmen korrespondieren, kommt es zu einer massiven Korrektur. Doch in der Vergangenheit konnte man auch eine differente Entwicklung beobachten, die sich aus dem zukunftsorientierten Ansatz an den Märkten ergibt.
Beispielsweise gab es in den 80er Jahren in den USA die Savings-and-Loan-Krise, die einen Einbruch der Gewinne der Unternehmen um 12 % bedingte. Der S&P 500 stieg jedoch annualisiert um 32 %.
2015 brachen die Gewinne der Unternehmen in den USA um rund 11 % ein. Zwar gab es keine Rallye – dennoch stieg der S&P 500 leicht um 1 %. Der Börsencrash blieb auch hier aus.
Besonders eindrucksvoll zeigte sich die Diskrepanz zwischen Aktienmarkt und Unternehmensergebnissen 1958. Die Unternehmensgewinne brachten um 14 % ein – der S&P 500 erlebte ein beeindruckend starkes Jahr mit 38 % Gewinnen.
Dass dies nicht immer der Fall ist, wollen wir auch nicht verheimlichen. Während in der Finanzkrise 2008 die Gewinne um 40 % einbrachen, korrigierte der US-amerikanische Index S&P 500 um 38 %.
Märkte handeln die Zukunft, die Zukunft ist unsicher
Abschließend lässt sich noch konstatieren, dass zukünftige Vorhersagen immer mit Unsicherheit behaftet sind. Anders lässt es sich kaum erklären, dass die Experten und Ökonomen uneinig sind, was die Bekämpfung der Inflation, die Konjunktur und sonstige ökonomische Aspekte angeht.
Doch eins scheint im Gegensatz zur Zukunftsprognose sicher – Pessimismus war selten ein guter Ratgeber. Auch 2023 wird der oft prophezeite Untergang unseres Wirtschaftssystems ausbleiben und ein erneuter Aufschwung ist an den Märkten lange eingepreist, bevor er sich in steigenden Unternehmensgewinnen und Bruttoinlandsprodukten ausdrückt. Wer zu lange pessimistisch auf der Seite der Bären agiert, wird dann erhebliche Chancen verpasst haben.