Der aktuelle Füllstand der deutschen Gasspeicher liegt bei 91,5 %. Die letzten Zwischenziele wurden schneller als erwartet erreicht. Hoffnung auf eine ausreichende Versorgung im Winter kehrte wieder in deutschen Haushalten ein. Dennoch nimmt aktuell die Skepsis zu. Denn das nächste Speicherziel von 95 % im November ist gefährdet. Zugleich dürfte die Energieversorgung auch im Winter 2023/2024 noch problematisch sein. Die Ursache: der steigende Gasverbrauch in Deutschland.
Gasspeicher füllten sich schnell: jetzt könnte die Wende drohen
Im deutschen Energiewirtschaftsgesetz ist festgelegt, dass die deutschen Gasspeicher zum 1. Oktober zu 85 % gefüllt sein müssen. Bereits am 2. September erreichte man in diesem Jahr das festgelegte Ziel. Schließlich war die Versorgungssicherheit noch nie so gefährdet, Gaslieferungen wurden omnipräsenten Thema in Politik und Wirtschaft. Insbesondere niedrige Verbräuche in der deutschen Industrie sorgten dafür, dass sich die Gasspeicher schneller als gedacht füllten.
Mittlerweile sind die Gasspeicher über 91 % gefüllt. Das nächste Etappenziel liegt bei 95 % am 01. November. Doch nun könnte eine Trendwende drohen. Denn mit einem steigenden Gasverbrauch wird das neue Gas benötigt, um den laufenden Verbrauch zu decken. Dabei wird es zunehmend schwerer, Gas einzuspeichern, da der Verbrauch nun erstmals die neuen Lieferungen überschritt. Mit sinkenden Temperaturen könnte diese Entwicklung an Dynamik gewinnen.
Die Bundesnetzagentur stellt die tägliche Veränderung der Gasspeicherfüllstände dar. Soeben gab es am 28.09.2022 erstmals wieder eine rückläufige Veränderung. Denn der Gasspeicher sank um 0,22 % im Vergleich zum Vortag.
Dabei ist der Monat September traditionell eigentlich noch von einem niedrigen Energieverbrauch geprägt. Zu einem dramatischen Anstieg kommt es regelmäßig erst ab Oktober. Zugleich lag die Durchschnittstemperatur im laufenden Jahr über den Vergleichswerten aus den Vorjahren. Dennoch ist der Füllstand der Gasspeicher bereits jetzt rückläufig – eine bedenkenswerte Entwicklung.
„Ohne erhebliche Einsparungen wird es schwer, eine Gasmangellage im Winter zu vermeiden“
Mit diesen Worten äußerte sich der Präsident der deutschen Bundesnetzagentur zum drastisch gestiegenen Verbrauch in den vergangenen Tagen. Die Deutschen verbrauchten mehr Gas als in den Vorjahren. Klaus Müller appellierte insbesondere an Privat- und Gewerbekunden, die für rund 40 % des Gasverbrauchs verantwortlich sind, gemeinsam an Einsparungen mitzuwirken.
Zugleich verweisen die Verantwortlichen darauf, dass man den Verbrauch um rund 20 % senken müsse, um die Gasversorgung in Deutschland im Winter sicherzustellen.
Was passiert bei einem Gasmangel?
Aktuell befindet sich Deutschland in der zweiten von drei Stufen im sogenannten Notfallplan „Gas“. Sofern sich die Versorgungslage dramatisch verschlechtert, könnte die Bundesregierung die höchste Warnstufe ausrufen und damit die Bundesnetzagentur zur Verteilung der Bundeslast berechtigen. Dann werden Haushaltskunden, Kindergärten, Universitäten, Altenheime, Krankenhäuser, Polizei, Feuer, Bundeswehr und auch KMUs rund um Handel und Dienstleistungen priorisiert beliefert.
Gaskrise in Deutschland: wie wahrscheinlich ist ein Engpass?
Darüber streiten sich die Experten. Sicher scheint jedoch, dass sich bei einem gleichen Verbrauch zum Ende des Winters die Füllstände einem kritischen Niveau nähern. Da bereits Ende September ein negativer Saldo bei den Gasspeichern verzeichnet wurde, könnte diese Situation früher als erwartet eintreten. Ohne Neulieferungen dürften die Speicherstände rund zwei bis drei Monate den normalen deutschen Energieverbrauch abdecken. Besonders hoch ist die Gefahr auf einen signifikanten Gasmangel jedoch, wenn der Winter hart und kalt werden würde.
Zugleich droht im nächsten Jahr die gleiche Gefahr. Denn für den 01. Februar 2023 gibt es eine Vorgabe beim Füllstand der Gasspeicher von 40 %. Sofern diese nicht eingehalten werden kann, da die akute Versorgung vorrangig sichergestellt werden muss, könnte sich der Winter 2023/2024 als noch problematischer darstellen. Denn zur erneuten Befüllung fehlen die russischen Lieferungen.