Nach dem Einmarsch der russischen Truppen in der Ukraine wurde der Börsenhandel in Moskau fast einen Monat lang ausgesetzt. Russland wollte damit verhindern, dass die Aktienwerte und der Rubel nicht noch weiter abstürzen. Seit Ende März können wieder russische Aktienwerte gehandelt werden. Der Rubel scheint sich inzwischen wieder erholt zu haben. Wie sieht es aber mit den anderen russischen Aktienwerten aus und welche Vorsichtsmaßnahmen sollten Investoren treffen?
Was bis jetzt passiert ist!
Nachdem die russische Armee in der Ukraine eingefallen ist, stürzten fast alle an der russischen Börse gehandelten Werte ab. Die Aktienwerte der russischen Unternehmen reagierten besonders hart auf die Ankündigungen verschärfter Sanktionen gegen das Land. Aus diesem Grund sah sich die russische Zentralbank dazu gezwungen, den gesamten Handel ab dem 28. Februar auszusetzen. Für die russischen Unternehmen war dies eine Maßnahme, die gewaltige Probleme darstellt. Benötigtes Kapital konnte ab diesem Zeitpunkt nicht mehr aufgenommen werden und Investitionen mussten zurückgestellt werden. Dazu kommt noch, dass sich internationale Unternehmen durch die Wirtschaftsaktionen ihre Tätigkeiten eingestellt oder sich komplett aus dem Land zurückgezogen haben.
Vier Wochen nach Aussetzung des Börsenhandels öffnete sich die Moskauer Börse mindestens zu einem Teil. Staatsanleihen durften wieder gehandelt werden. Der russische Leitindex MOEX verzeichnete in der Zeit einen Abfall von über 33 %. Während die Aktienwerte theoretisch ihren Preis während der Aussetzung des Börsenhandels beibehielten, fielen die Werte der meisten russischen Aktien nach der Eröffnung ins Bodenlose. Die Aktie des russischen Energiekonzerns Gazprom musste innerhalb der letzten 30 Tage einen Verlust von 82,5 % verzeichnen.
Russische Aktien sind aber nicht nur an der Moskauer Börse notiert. Sie können auch an vielen anderen Börsen auf der Welt gehandelt werden. Die meisten Börsen haben aber den Handel mit russischen Aktien im Moment ausgesetzt, sodass zum Beispiel die Aktienwerte des Suchmaschinenbetreibers Yandex, des Finanzdienstleisters Qiwi und des Onlinehändlers Ozon nicht mehr an der New Yorker Börse NYSE und dem NASDAQ gehandelt werden können.
Auch an der Deutschen Börse sind ungefähr 30 russische Aktien notiert. An der englischen Börse sind sogar mehr als 50 Aktien der Russischen Föderation aus dem Handel genommen worden. Die deutsche Börse gibt an, dass Aktienwerte generell aus dem Handel genommen werden, wenn ein ordnungsmäßiger Handel nicht mehr möglich ist. Dies sollen die Investoren und Anleger vor zu starken Kursverlusten schützen.
Aktuelle Liste der Aktien der Russischen Föderation an der deutschen Börse
Sanktionen belasten die russische Börse weiterhin
Anfang April gaben die USA neue Sanktionen bekannt, die gegen russische Firmen und einige Oligarchen ausgesprochen wurden. Laut Angaben des amerikanischen Finanzministeriums sollen damit Russlands Versuche bestraft werden, die westlichen Demokratien zu untergraben. Insgesamt wurden Sanktionen gegen sieben Oligarchen, zwölf Unternehmen und 17 Regierungsvertreter erlassen. Darunter auch Oleg Deripaska, dem Eigentümer des russischen Aluminiumkonzerns Rusal. Die Aktienwerte der russischen Oligarchen fielen daraufhin an den noch gehandelten Börsen weiter ab.
Auch der russische Rubel geriet massiv unter Druck. Er erreichte sein niedrigstes Niveau seit August 2016. Ministerpräsident Dmitri Medwedew wies daraufhin sein Kabinett an, entsprechenden Maßnahmen zu ergreifen, um den Rubel zu stützen.
Dies gelang allerdings nur kurzfristig, bereits im April und Anfang Mai fiel der Rubel weiter ab und hat im Vergleich zu dem Euro in den letzten 12 Monaten 25,2 % seines Wertes verloren. Die Tendenz ist weiterhin fallend.
Was machen Investoren, die russische Aktien besitzen?
Investoren, die im Besitz von russischen Aktien sind, können derzeit nur abwarten. Grundsätzlich haben die gesperrten Aktienwerte noch nicht ihren Wert verloren. Allerdings weisen die zurzeit gehandelten Aktienwerte der Russischen Föderation hohe Verluste auf. Aus diesem Grund haben Investoren im Moment nur zwei Möglichkeiten: Sie können abwarten und hoffen, dass sich die Aktien langfristig wieder erholen oder sie sofort verkaufen, sobald der Handel wieder aufgenommen wird.
Was passiert mit Fonds, die russische Aktien enthalten?
Viele internationale Fonds haben russische Aktienwerte aufgenommen. Investoren fällt dies in den meisten Fällen noch nicht einmal auf. In dem MSCI Emerging Markets stammen zum Beispiel über 1,5 % aus der Russischen Föderation. Gleiches gilt natürlich auch für viele andere ETFs und besonders für russische Fonds.
Auch die Fondsgesellschaften haben im Moment nur zwei Möglichkeiten um auf den Fall des Wertes der russischen Wertpapiere zu reagieren. Da sie aktuell noch vom Handel ausgesetzt sind, können sie nicht abgestoßen werden, so dass sie theoretisch mit ihrem Wert vor dem russischen Börsenstopp gelistet werden, oder einfach aus dem Fond genommen werden und die Verluste abgeschrieben werden müssen.
Der amerikanische Index-Anbieter MSCI hat angekündigt, russische Aktien aus vieler seiner Indizes zu nehmen. Anbieter von ETFs müssen diese Änderungen dann möglichst schnell übernehmen. Wie schnell dies umgesetzt werden kann, hängt von den jeweiligen Anbietern ab. Bei voll replizierenden Index-Fonds oder auch nur teil replizierenden Fonds wird dies erst wieder möglich sein, sobald die Aktien auch wieder gehandelt werden können. ETFs, die die Indices nur synthetisch nachbilden, können diese Änderungen schnell umgesetzt werden.
Die finanziellen Probleme Russlands werden die Finanzmärkte auch weiterhin belasten
Immer mehr Unternehmen ziehen sich aus Russland zurück, teilweise aus Solidarität oder auch nur aus finanziellen Gründen. Jetzt hat auch der französische Automobilkonzern Renault seine Produktionsstätten für einen symbolischen Preis von einem Rubel verkauft. Auch die Mehrheitsanteile von über 67 % an dem Lada Hersteller Avtovaz gehen an das russische Industrieministerium über. Eine Produktion von Fahrzeugen wird aufgrund der fehlenden Komponenten nicht möglich sein, dass sie durch das Embargo nicht importiert werden können. Die 45.000 Mitarbeiter, die in den Werken gearbeitet haben, werden wohl kurzfristig keine Arbeit mehr haben.
Auch McDonald’s gab bekannt, dass sich das Unternehmen komplett aus Russland zurückzieht. Nach über 30 Jahren in dem Land hat die Geschäftsführung beschlossen, dass die Geschäfte in Russland sich nicht mehr mit den Unternehmenswerten vereinbaren lassen. Alle Filialen in dem Land sollen an russische Investoren verkauft werden. Damit verlieren weitere 62.000 Angestellte in Russland ihren Job.
Ein weiteres Problem für Russland und Unternehmen in der Russischen Föderation wird das Öl-Embargo sein, über das die Europäische Union im Moment streitet. Auch wenn die Slowakei, Tschechien, Bulgarien und Ungarn das Embargo von Erdöl aus Russland noch blockieren, wird von einer kurzfristigen Einigung in kurzer Zeit ausgegangen. Das Embargo dürfte einer der wichtigsten Einnahmequellen Russlands versiegen lassen, mit dem auch Teile des Krieges gegen die Ukraine finanziert werden.