Die aktuelle Handelswoche verläuft für alle Kion-Aktionäre dramatisch. Denn die Aktie des deutschen Unternehmens aus Frankfurt am Main fiel um rund 35 % in den letzten Tagen. Der Grund: das Unternehmen schockt die deutschen Anleger mit einer drastischen Gewinnwarnung und geht sogar von roten Zahlen im laufenden Quartal aus. Der ehemalige Profiteur der Corona-Pandemie leidet unter den makroökonomischen Belastungsfaktoren.
Dennoch könnte dies langfristige Chancen bieten, da die Kion Aktie im Hinblick auf die intakte Wachstumsentwicklung im nächsten Jahrzehnt möglicherweise übertrieben abverkauft wurde.
[fw-price-listing locale=”de” ticker=”KGX.XETRA” affiliate_label=”Jetzt kaufen” affiliate_link=”https://www.business2community.com/de/visit/capital-com” disclosure=”Ihr Kapital ist im Risiko” color=”#F69422″ currencies=”EUR”]Corona-Boom vorbei, Kion leidet unter Konjunktursorgen
Die Corona-Pandemie begünstigte eine sukzessive Verlagerung der Geschäftsmodelle in den digitalen Raum. Der Online-Handel wuchs rasant und immer mehr Unternehmen investierten in die (vermeintlich) zukunftsorientierte Ausrichtung, indem die Lagerhäuser ausgebaut und größtenteils automatisiert wurden. Eine Optimierung der Supply Chain sollte Kosten reduzieren, die Margen erhöhen und das Gewinnwachstum bei den E-Commerce-Unternehmen antreiben. Doch dieser Boom nahm mit steigender Inflation und Rezessionssorgen ein Ende. Denn die meisten Unternehmen agieren zurückhaltend, da sich die Konsumfreude abflacht und Investitionen aktuell tendenziell aufgeschoben werden.
Verlust im dritten Quartal erwartet, Kernsegment SCS schwach
„Die KION GROUP AG erwartet ein negatives Ergebnis im dritten Quartal 2022. Verschärfte Lieferkettenengpässe sowie deutlich stärker gestiegene Material-, Energie- und Logistikkosten haben das Ergebnis in den vergangenen Monaten erheblich belastet.“
Mit diesen Worten leitet die Kion Group die jüngste Pressemitteilung zu den veränderten Gewinnerwartungen ein. Denn auf Basis der jüngsten Schätzungen erwarte man für das dritte Quartal des Geschäftsjahres ein EBIT in der Spanne von -100 bis -140 Millionen Euro. Die Kion Group rutscht voraussichtlich in die roten Zahlen, während man im Vorjahr noch fast 230 Millionen Euro Gewinn erwartet. Der Free Cash Flow bleibt ebenfalls negativ und wird deutlich unter dem Vorjahresniveau liegen.
KION Group erwartet negatives Ergebnis im dritten Quartal aufgrund gestiegener Kosten im Projektgesc… https://t.co/kEPBC6viFJ
— DGAP-News (@DGAP_News) September 13, 2022
Besonders dramatisch sieht die Entwicklung im Kernsegment Supply Chain Solutions (SCS) aus, in welchem das EBIT zwischen 160 und 190 Millionen Euro Verluste bringen dürfte. Das volatile makroökonomische Umfeld habe interne Ineffizienzen verschärft. Diese drücken die Marge im SCS-Segment auf nur noch rund 4 % im dritten Quartal (Q2: 7 %).
Auftragseingang bleibt hoch, doch Kunden stornieren erste Aufträge
Im dritten Quartal 2021 generierte das Logistik-Unternehmen aus Deutschland einen hohen Auftragseingang. Diese werde nun deutlich unterhalb des Vorjahresniveaus erwartet. Damals waren es noch über drei Milliarden Euro an Aufträgen. Nichtsdestotrotz geht der Ausblick für 2022 weiterhin von einem Auftragseingang zwischen 11,6 und 12,5 Milliarden Euro aus, was über dem erzielten Umsatz liegt. Kion profitiert trotz makroökonomischer Probleme von neuen Aufträgen – verständlicherweise im aktuellen wirtschaftlichen Umfeld unter dem Vorjahresniveau.
Nichtsdestotrotz meldet die Kion Group, dass erste Kunden des Unternehmens im Juli und August Aufträge storniert haben. Die wirtschaftlichen Probleme der Kunden schlagen somit zunehmend auf die Kion Group durch.
Mittelfristige Ziele zunehmend unrealistisch: zweistellige EBIT-Marge nicht absehbar
Mittelfristig möchte die Kion Group wieder auf den Wachstumspfad bei gleichzeitiger Profitabilität zurückkehren. Das Geschäftsmodell sei intakt, die Marktsegmente attraktiv. Eine zweistellige EBIT-Marge sei das unverhandelbar, mittelfristige Ziel. Allerdings behalte man sich den konkreten Zeitrahmen aufgrund des rasant wandelnden makroökonomischen Umfelds offen. Zugegebenermaßen lässt die vage Formulierung viel Spielraum für Spekulationen. Bis in das Jahr 2023 dürfte die Kion Aktie deutlich die wirtschaftlichen Veränderungen spüren.
Kion Aktie stark unterbewertet: jetzt kaufen?
Langfristig sind die Wachstumstreiber für die Kion Aktie intakt. Das deutsche Unternehmen ist hervorragend positioniert, um sich für die Zeit nach der Rezession aufzustellen. Zugleich dürfte die Kion Group alles in ihrer Macht Stehende tun, um die identifizierten Ineffizienzen zu beseitigen. Möglicherweise bietet die Krise die Chance, zu einem besseren und mittelfristig profitableren Unternehmen zu werden. Die Kostensteigerungen bei Material, Lohn & Logistik könnten aktuell noch nicht auf die Kunden umgelagert werden, mangels entsprechender Vertragsklauseln. Dies dürfte sich jedoch mittelbar ändern, sodass die Kion Group wieder in die schwarzen Zahlen zurückkehrt.
„Wir arbeiten mit Nachdruck daran, die Herausforderungen in unserem Geschäft zu bewältigen. Im zweiten Quartal dieses Jahres haben wir für künftige Projekte bei SCS Preisanpassungsklauseln in unsere Projektverträge aufgenommen, um die steigenden Kosten effektiver an die Kunden weitergeben zu können. Wir arbeiten auch mit unseren Lieferanten zusammen, um die Kosten bereits in einem frühen Stadium des Projektzyklus zu fixieren. Diese Maßnahmen ermöglichen es uns, während unserer üblichen 6- bis 24-monatigen Projektlaufzeiten flexibel auf Kostenveränderungen zu reagieren“
(Vorstandsmitglied Hasan Dandashly)
Für das gesamte Geschäftsjahr 2022 soll der Umsatz des Unternehmens bei 10,45 bis 11,25 Milliarden Euro liegen. Daraus resultiert ein KUV von rund 0,4. Im Hinblick auf die sich höchstwahrscheinlich erholenden Gewinne und eine temporäre Belastung des Geschäftsmodells halten wir die Kion Aktie für langfristig unterbewertet, obgleich kurzfristig Erholungspotenziale einzig und allein aus einer technischen Gegenbewegung resultieren dürften. Auch die PEG-Ratio indiziert mit einem Wert unter 0,5 eine Unterbewertung.
Wer langfristig mit Stock-Picking die Märkte outperformen möchte, sollte genau bei derartigen Qualitätsaktien, die temporär unter den wirtschaftlichen Gegebenheiten leiden und stark abverkauft werden, zugreifen – zwecks Risikoreduzierung scheint auch ein regelmäßiger Kauf in Tranchen geeignet.
Ihr Kapital ist im Risiko.