Am Freitagmorgen gab die EnBW Aktie um rund 9 % nach. Denn der Gasimporteur VNG, eine Tochter des Energiekonzerns EnBW, möchte Hilfe vom Staat beantragen, um als systemrelevantes Unternehmen die eigene Existenz zu schützen. Die Gaskrise geht munter weiter und trifft mit VNG ein weiteres führendes Unternehmen bei der deutschen Gasversorgung. Zwar konnte sich die EnBW Aktie im Laufe des Handelstages erholen. Nichtsdestotrotz sieht die kurzfristige Zukunft alles andere als rosig aus.
VNG stellt Antrag auf Unterstützung: Unternehmenstochter macht massive Verluste
Der wirtschaftlich angeschlagene Gaskonzern VNG reichte in der vergangenen Woche einen Antrag auf Stabilisierungsmaßnahmen ein. Zuvor hatte man sich bereits für die Gasumlage registriert und auch eigenständig Kredite bei der KfW gesichert, um die Liquidität auszubauen. Doch die Gaskrise zollt nun ihren Tribut. Die erheblichen Verluste können aus eigener Kraft nicht mehr kompensiert werden, um eine Fortführung der Geschäftstätigkeit zu ermöglichen.
Denn VNG hat zwei verschiedene Verträge, die von den russischen Lieferausfällen beeinträchtigt werden. Um Ersatz zu beschaffen, zahle man den aktuellen Marktpreis, der historisch hoch notiert. Bei einem Umsatz von rund 19 Milliarden Euro im vergangenen Jahr versorgt man über 400 Kunden. In diesem Jahr sollen sich die Verluste auf rund eine Milliarde Euro summieren.
One of Germany's biggest importers of Russian natural gas, VNG, says it is in danger due to soaring prices triggered by Russia's reduction in shipments to Europe. It will now receive state support. https://t.co/9bYGY43scK
— DW News (@dwnews) September 9, 2022
Historisch hohe Gaspreise belasten, Gasumlage nur Tropfen auf den heißen Stein
Seit rund einer Woche wurde wegen angeblicher Wartungsarbeiten die Lieferung von Gas durch Nord Stream 1 gestoppt. VNG ist einer der Leidtragenden, der sich für die Versorgung Deutschlands mit Gas und dem Ausbau der Reserven nach Alternativen umschauen muss. Bei einem explosiv gestiegenen Gaspreis in 2022 zahlt VNG jedoch höhere Preise, die aufgrund von fixen Verträgen nicht vollständig auf die Kunden umgelegt werden können. Die Kosten explodieren, während die Gewinne nicht im gleichen Ausmaß steigen. Verluste entstehen und auch die Gasumlage kann nach Angaben der Verantwortlichen von VNG dies nicht kompensieren.
VNG: Drittgrößte deutsche Gasimporteur
Die Leipziger Verbundnetzgas AG (VNG) ist nach Uniper und der ehemaligen Gazprom-Tochtergesellschaft Germania das drittgrößte Unternehmen in Deutschland, das sich um den Import von Gas kümmert. Im vergangenen Jahr stellte VNG rund ein Fünftel des gesamten Gasbedarfes zur Verfügung. Nachdem der Bund Uniper mit einem milliardenschweren Rettungspaket im Juli unterstützt hatte, dürfte dies auch bei VNG der Fall sein.
EnBW Aktie: Versorger hält Mehrheit an VNG
Beim ostdeutschen Unternehmen VNG handelt es sich um eine Tochtergesellschaft von EnBW. Denn EnBW hält rund drei Viertel der Anteilsscheine am Leipziger Unternehmen. Auch bei EnBW zeugten die Quartalszahlen Mitte des Jahres von dem Einfluss der Energiekrise, da durch steigende Kosten das EBITDA im Vergleich zum Q2 im Vorjahr um rund 50 % einbrach. Im letzten Quartal 2022 sollen die Kosten jedoch weitgehend an die Kunden weitergegeben werden können. Für EnBW bedeutet dies eine kräftige Erholung bei den Gewinnen, während Verbrauchern das große Schrecken wohl noch bevorsteht.
VNG folgt Uniper: In welche Energie Aktien 2022 investieren?
Uniper machte den Anfang, VNG drohen nun massive Verluste. Wer in derartige Energie Aktien investiert, muss bei staatlicher Unterstützung mit signifikanter Verwässerung der eigenen Anteile rechnen. Dennoch könnte die Energiekrise im Jahr 2022 ein Indikator sein, welches Trend-Thema in den nächsten Jahren an der Börse gespielt wird. Denn die Notwendigkeit einer sicheren Energieversorgung wurde uns wohl noch nie dergestalt vor Augen geführt. Mehr Unabhängigkeit – soweit dies in Zeiten der Globalisierung noch möglich ist – werden die einzelnen Staaten fordern. Massive Investitionen in die Energieversorgung sind erforderlich.
Mittelfristige Profiteure sind insbesondere die New Energy Aktien, die den Wandel zur Erneuerbaren Energie vorantreiben sollen. Doch das Investieren in Energie Aktien erfordert grundlegende Informationen. Staatliche Eingriffe, potenzielle Veränderungen bei der Preisbildung und geopolitische Entwicklungen werden über Erfolg oder Misserfolg so manch eines Energiekonzerns entscheiden.
Nichtsdestotrotz halten wir Energie Aktien für eines der nächsten Megatrend-Themen an der Börse, vom Staat gerettete Unternehmen und verwässerte Aktien sollte man jedoch meiden. Beispielsweise hat die Uniper Aktie trotz Kurssprung am Freitag auf Jahressicht fast 90 % verloren.
Ihr Kapital ist im Risiko.